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: "The Show" im Eiszeit: Brian Robbins' Film über das HipHop-Geschäft

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„The Show“ im Eiszeit: Brian Robbins' Film über das HipHop-Geschäft

Wohin man momentan auch blickt – Ratlosigkeit, Entsetzen und Trauer dominieren die HipHop-Nation nach dem Mord an Notorius B.I.G. Eindeutige Erklärungen und Schuldzuweisungen hat niemand parat, und auch die Zukunft von HipHop läßt sich unter dem Eindruck der beiden Morde an Tupac und B.I.G. nur schwer voraussagen. Ein durch die beiden HipHop-Toten nun schon historisch gewordenes Dokument ist da der Film, den Brian Robbins im Auftrag von DefJams Russel Simmons anläßlich des zehnjährigen Bestehens des DefJam-Labels 1995 gedreht hat: „The Show“. Ein Film über HipHop und seine Protagonisten, über die Geschichte von HipHop im allgemeinen und die von DefJam im besonderen. Zwischen Interviewpassagen, Konzertmitschnitten und launigen Aufnahmen in Backstage-Räumen, Studios, Schnellrestaurants und Japan läßt sich in „The Show“ vor allem aber eines gut erkennen: Im HipHop der 90er wird fast ausschließlich „Reality“ repräsentiert und nicht auch nur ein klitzekleiner Gedanke an positive Aufbruchsstimmungen oder gar Utopien verschwendet.

Überproportional oft kommen die G-Funker Dr. Dre, Tha Dogg Pound, Warren G und Snoop Doggy Dogg zu Wort. (Von denen übrigens nur Warren G bei DefJam unter Vertrag ist.) Tha Dogg Pound werfen ungefiltert und humorlos ihren Gangster-Shit unters Volk, Snoop berichtet stolz von seiner Vergangenheit als Hustler und Gangbanger, die er jetzt eben musikalisch umsetze. Am schonungslosesten aber ist Dr. Dre, der auf die Frage, was für ihn HipHop sei, antwortet: „Ein Weg, aus dem Dreck rauszukommen und Geld zu machen. Ein Unterhaltungsgeschäft.“ Und Notorius B.I.G., der ehemalige „King Of New York“ – enorm schläfrig auf dem Sofa seiner Mutter sitzend und kaum zu verstehen, so sehr nuschelt er – liegt mit seinen Aussagen ganz auf Linie mit den Rappern von der Westküste. Hinsichtlich einer Message, gar einer Vorbildfunktion, weiß er: „The only thing we can do is to get the crowd crazy.“

Fast rührend anzuschauen ist da die „Alte Männer“-Runde um Kurtis Blow und Whodini, die sich der alten Zeiten erinnert, als HipHop-Shows noch Blockparties waren und es in erster Linie darauf ankam, ein Mikro in der Hand zu haben und zu rappen und freestylen zu können: Here Today, Gone Tomorrow. 1995 (und später) besteht HipHop, das wird in fast jedem Statement deutlich, mehr denn je aus Imageprodukten, Show, Unterhaltung und Geschäft – mit all seinen schlechten Begleiterscheinungen. Und das zeigt dieser Film, auch durch Auslassung: ehedem maßgebliche, explizit politische und warnende Stimmen wie die von Chuck D, KRS One oder auch von Teilen der Native Tongues fehlen zur Gänze. Gerrit Bartels

„The Show“ (OF), 8.–14.5., 22.45 Uhr, Eiszeit, Zeughofstraße 5

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