Bayer entschädigt US-amerikanische Aidstote

■ Um Prozesse zu vermeiden, zahlt der Pharmakonzern rund 500 Millionen Mark an Hinterbliebene von Opfern verseuchter Blutkonserven – das klingt nach mehr, als es ist

Berlin (taz) – Der Pharmakonzern Bayer muß rund 500 Millionen Mark an die Hinterbliebenen von Aidsopfern zahlen, die zwischen 1978 und 1985 in den USA durch verseuchte Blutkonserven infiziert wurden. Nach Angaben der Bayer AG steht bei der jahrelangen Auseinandersetzung zwischen Angehörigen von 6.000 Aidsopfern und vier Pharmaunternehmen, die die verseuchten Blutkonserven in den USA vertrieben hatten, unmittelbar ein Vergleich bevor.

Neben der Zahlung von 100.000 Dollar für jedes Aidsopfer stünden inzwischen auch die an den Staat und die für Gerichtskosten zu entrichtenden Summen fest, teilte gestern eine Sprecherin der Bayer AG mit. Die vier Firmen, von denen Bayer als Haupbetroffene 45 Prozent der Vergleichskosten tragen muß, hätten sich zuletzt auch mit der US-amerikanischen Regierung über die Kosten für die Pflege der Aidsopfer geeinigt. Die Bayer AG erwarte, daß das zuständige Gericht in Chicago noch in dieser Woche bei einem Vergleichstermin die Beilegung des Rechtsstreits billige.

Auf die Grundzüge des Vergleichs hatten sich die vier Pharmaunternehmen schon im März des vergangenen Jahres mit dem „Komitee der 10.000“ geeinigt, das die Interessen der Angehörigen der Aidsopfer vertritt. An die Angehörigen der Opfer haben die vier Konzerne danach rund 600 Millionen Dollar zu zahlen, wovon die Bayer AG allein 270 Millionen Dollar aufzubringen hat. 40 Millionen Dollar wollen die Firmen für die Kosten des Rechsstreits zahlen. Unter der Voraussetzung, daß die US-Regierung auf rechtliche Schritte gegen die Pharmaunternehmen verzichtet, soll diese nun weitere 12 Millionen Dollar für die Pflege der Aidspatienten erstattet bekommen. In der Vereinbarung zwischen dem „Komitee der 10.000“ und den Firmen war vertraglich festgelegt worden, daß die 100.000 Dollar Entschädigung für jedes Aidsopfer nicht für nicht abgedeckte Pflegekosten vom Staat in Anspruch genommen werden dürfen. Dies hätte nach Angaben der Bayer AG eine zweite Vereinbarung mit der US-Regierung notwendig gemacht. Nach US-amerikanischen Maßstäben ist die Entschädigungssumme von 100.000 Dollar für Krankheit und Tod sehr gering. Vor einem Gericht in Indianapolis hatten die Eltern eines mit 14 Jahren verstorbenen Jungen, der ebenfalls durch Blutkonserven mit Aids infiziert worden war, kürzlich ein Schmerzensgeld von zwei Millionen Dollar erstritten. Der Vergleich sieht vor, daß Betroffene, die sich mit der Abfindung nicht zufrieden geben können, weiter gegen die Pharmakonzerne klagen können. ü.o.