■ Urdrüs wahre Kolumne: Kaufhalle macht glücklich
Der vielbeschworene Druckfehlerteufel entlarvte sich in der vergangenen Woche wieder einmal als Agent der Monopole und Konzerne, machte er doch aus meinem flammenden Appell zur Unterstützung der Feldbesetzer gegen Freilandversuche mit genmanipuliertem Saatgut einen Aufruf zugunsten der Feldsitzer. Wer dadurch davon abgehalten wurde, mit Morgenstern und Flitzebogen, Schlafsack und Gitarre als kämpferischer Reisekader in das Dörfchen Schmarrie bei Rodenberg/Deister zu fahren, kann das ja an diesem Wochenende nachholen. Weg mit den Killerrüben!
Vor Iburgs Wurstpavillon am Waller Ring schart sich eine Gruppe von vier Zahnspangenträgern um eine einzige Tüte Pommes, was den Schreiber dieser Zeilen derart am Edelmut packt, daß er nachfragt, ob es denn noch eine weitere Portion sein dürfe. Woraufhin die Kids mit angstverzerrten Zügen ihre Fritten fallen lassen und über die verkehrsreiche Straße davonjagen, um von der anderen Seite herüberzuschreien: „Wir dürfen nix von Fremden annehmen!“Ganz schön zartbitter...
Gern sieht der hanseatische Prophet mit patriotischer Rücksichtnahme auf die Gemeindekasse sich nicht bestätigt, aber wie der geneigte Leser weiß, wurde an dieser Stelle schon vorhergesagt, daß die Pornomesse in Frank Hallers Investitionsruine World Trade Center einmal mehr ungeschützten Verkehr mit Landesmitteln darstellen würde. Was soll es da noch, den Mann mit Strafanzeigen wegen ein paar Ungereimtheiten im Untersuchungsausschuß zu überziehen? Irgendwann holt dieser Hochrisiko-Kandidat sich was weg, und dann nützt ihm überhaupt nicht mehr, daß er immer ganz genau weiß, wer wo was mit wem getrieben hat.
Wer einen Krimi ganz hart am Leben drehen möchte, dem liefere ich gern dieses realitätnahe Exposé: Terror und Folter in einer bremischen Strafanstalt. Die beschuldigten Beamten sorgen dafür, daß die Hauptbelastungszeugen fliehen können. Kurz darauf werden die Knackis tot auf der Toilette einer Gartenwirtschaft aufgefunden, deren Pächterin zugleich Lebensgefährtin des Vollzugsbeamten Joschi N. ist. Die redliche Kommisarin ordnet eine Autopsie im Krankenhaus Links der Weser an, von wo die Leichen aber vorher durch einen Fahrradkurier mittels Bollerwagen entführt und mit Hilfe eines auswärtigen Investors in den Zementboden einer neuen Rollschuhbahn eingegossen werden. Kurz darauf werden die Mittel zum Ausbau des Space-Parks vom Land Bremen zur Verfügung gestellt – Happy End nicht vorgesehen, zu unglaubwürdig.
Nachmittags im Kaufhallen Restaurant am Brill: Drei robuste Damen trippeln nervös am Eingang des Selbstbedinungstresens auf der Stelle, immer wieder ungeduldig auf die Uhr schauend. Schließlich mag die eine nicht länger warten und eilt zur Kasse: „Wie lange dauert es noch bis zur Schnitzel-Sparzeit?“Worauf die Kassiererin huldvoll lächelt und sagt: „Eigentlich noch vier Minuten, aber holt euch schon mal, ich bong das dann schon richtig Mädchens!“Jeden Nachmittag soviel Schwein zu reduziertem Preis: Kaufhalle macht glücklich!
Treffe ich gestern beim Aldi den Inhaber eines mittelständischen Baugeschäfts aus dem südlichen Niedersachsen, der am Samstag mal zur Dach & Wand in Bremen fahren will. Kauft einige aromaversiegelte Bierknacker und ökologisch unbeleckt einige Dosen River-Cola mit den Worten „Bin doch nich so blöde, dassich da sona Halle vierfuffzich für –ne Cola zahle.“Ob das bremische Kongress- und Messewesen bei seiner hochgespannten Gewinnerwartung solch grundsolide Haltung des Fachpublikums einkalkuliert hat, würde der Kassensturz zeigen. Vorsichtshalber wird den aber keiner machen...
Mutterherz, Mutterkuchen, Mutterschutz: Woran erinnert uns das? Ach ja, übermorgen! Viel Spaß beim Gedichtaufsagen wünscht
Ulrich „Heintje“Reineking
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