Tierschützer gegen „Affenschande“

■ Podiumsdiskussion des Tierschutzvereins über Affenversuche: Nur abstrakte Grundlagenforschung oder Hilfe für Kranke?

„Wie können Sie Tierversuche machen, abends sich ins Bett legen und schlafen?“Die direkte Frage einer Tierschützerin galt dem Bremer Hochschullehrer Gerhard Roth. Er war am Dienstag abend der einzige offizielle Befürworter der geplanten Tierversuche mit Primaten an der Bremer Uni, der sich in das benachbarte Tierheim in Findorff wagte. Der Tierschutzverein hatte zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Rund 200 Teilnehmer kamen, vorwiegend Tierschützer. Angesichts der Wogen, die die Nachricht über die geplante Einrichtung eines Primatenlabors an der Uni geschlagen hat, verlief das Treffen dann doch überraschend ruhig.

Die Frage der Tierschützerin galt eigentlich dem Frankfurter Wissenschaftler Andreas Kreiter, der gerade wegen seiner Primatenforschung den Ruf nach Bremen erhalten hat, auf der Podiumsdiskussion allerdings nicht anwesend war. Stattdessen konfrontierte man Roth mit unliebsamen Details. Es seien nicht alle bei Versuchen benützten Affen gezüchtet, es gebe einen Markt für wilde Tiere, behaupteten die Tierschützer. Dabei erreichten acht von zehn Affen gar nicht das Untersuchungslabor.

Roth berief sich auf das gesetzliche Regelwerk. „Es gibt strenge Auflagen, damit die Tiere nicht gequält oder niedergemetzelt werden.“Es sei eine absurde Unterstellung, daß jeder Forscher dies dürfte, wenn er nur wollte. Das Tierschutzgesetz garantiert zwar strenge Kontrollen, so muß beispielsweise jede Forschungseinheit gesondert genehmigt werden, in Streitfällen können sich die Wissenschaftler aber auf das Grundrecht der freien Forschung berufen. Die Leiterin der Akademie für Tierschutz des Tierschutzbundes warnte: „Wenn Herr Kreiter erstmal hier ist, kann er alles machen, was er einigermaßen schlüssig darlegt.“

Roth warnte den Tierschutzverein davor, eine „öffentliche Forschungsstätte wie die Universität Bremen über die öffentliche Meinung zu manipulieren oder zu bedrohen.“Damit traf er einen blank liegenden Nerv. In den 80er Jahren nämlich, als Tierversuche mit Hunden und Katzen geplant waren und bereits Käfige auf dem Campus bereitgestellt wurden, hatten der Rektor und der damaligen Senator für Gesundheit, Herbert Brückner, mit dem Tierschutzbund ein Stillhalteabkommen vereinbart und auf Versuche mit „höheren Wirbeltieren“verzichtet. Diesmal hatte der Tierschutzbund von der Berufung des Frankfurter Wissenschaftlers erst erfahren, als das uniinterne Berufungsverfahren abgeschlossen war und die Verhandlungen mit der Wissenschaftsbehörde kurz vor dem Abschluß gestanden hatten. „Ich bin sehr enttäuscht“, so Wolfgang Apel, Bundesvorsitzender des Tierschutzbundes, „ich erwarte von der Wissenschaftssenatorin, daß sie sich der öffentlichen Diskussion stellt“. Auf dem für Senatorin Bringfriede Kahrs vorgesehenen Podiumsstuhl lag aber nur ein kleiner Stoffaffe.

„Die Wissenschaftspolitik in Bremen verfolgt das Koryphäenmodell, um der Universität ein besseres Image in der scientific community zu geben,“warf die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Helga Trüpel ein. Dabei umgehe man gern unliebsame Auseinandersetzungen. Bremen solle ein Zeichen setzen und tierversuchsfreie Forschung betreiben. „Wir werden Grundlagenforschungen an Säugetieren nur in dem Maße durchführen, in dem sie nachweislich auf den Menschen übertragbar sind und nutzbar zu machen sind“, verteidigte Roth seine Position. Doch genau darin wurde ihm widersprochen. „Eine unseriöse Argumentation“, entgegnete Brigitte Rusche, „wenn man Grundlagenforschung macht, weiß man nicht, ob etwas relevant oder nicht relevant ist.“Kreiter selbst hatte bei einem Buten&Binnen-Interview just bestätigt, daß es ihm alleine um Grundlagenforschung gehe.

Am Mittwoch berichtete Kreiter unter Ausschluß der Öffentlichkeit der Ethikkommission der Uni über seine Forschungsvorhaben. Der Kommission, die nur eine beratende Funktion hat, gehört auch Wolfgang Apel an. „Die Kommission ist mit Professoren und Mitarbeitern der Senatorin besetzt. Sie kann nicht entscheiden, ob die Bürger Primatenforschung wollen oder nicht.“Aus Protest blieb Apel der Sitzung fern. Eine offizielle Stellungnahme der Kommission liegt bislang nicht vor. llg