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Life according to Fevzi

■ Fevzi Mansuroglu ist Wirt im Multi-Kulti-Mediencafé, organisiert aber auch Konzerte anderswo – wie das der Sängerin Sevgi Kücük heute in der Passionskirche

Daß das Wort „Multikultur“ derzeit hoch im Kurs steht, kann man eigentlich nicht behaupten. Manche haben die multikulturelle Gesellschaft schon aufgegeben, bevor sie überhaupt realisiert werden konnte – nicht so der 29jährige Fevzi Mansuroglu. Der hat seinem kleinen Schöneberger Café ausgerechnet den Namen „Multi-Kulti- Mediencafé“ gegeben und hofft auf ein entsprechend weltoffen eingestelltes Publikum. „Ich habe jahrelang in der politischen Migrantenarbeit gewirkt. Daraus entsprang die Idee, mit so einem multikulturellen Treffpunkt etwas Neues zu entwickeln. Bisher gibt es ja mehr Nebeneinander als wirkliches Miteinander“, stellt er fest.

Vor einem halben Jahr hat er die unauffällige Eckkneipe an der Eisenacher Straße übernommen und ausgebaut. Im Zeitungsständer hängen nun die Milliyet und die taz, die Herald Tribune und die ägyptische Al-Ahram, an einem Computerterminal kann man sich beim Kaffee durchs Internet klikken. Mit seiner grauen Auslegware und dem sparsamen Wandschmuck wirkt der Laden auf den ersten Blick ein wenig unpersönlich, fast wie eine Flughafenlobby, aber wenn er voll ist, vor allem bei Veranstaltungen, erinnert er mehr an ein alternatives türkisches Studentencafé. „Manchmal werde ich gefragt, wo denn die afrikanischen Skulpturen und Orientteppiche hängen“, ärgert sich Fevzi, „aber darum geht es mir nicht. Wichtiger finde ich es, ein vielseitiges Programm zu bieten und eine entsprechende Atmosphäre zu schaffen.“

Dafür lädt er Gruppen aus der Türkei und aus Berlin in sein Café ein, Jazz-Musiker oder Salsa- Bands und auch Harry Freilachs Klezmer-Ensemble schaut gern mal vorbei – Harry wohnt nämlich schräg gegenüber. Außer Live- Konzerten gibt es gelegentliche Lesungen meist türkischer Autoren oder Filmvorführungen. Immer klappt es mit der erstrebten Multikultur auch hier nicht. Insbesondere wenn türkische junge Bands spielen, zeigen sich nur wenige deutsche oder andere Gäste integrationswillig, hat Fevzi beobachtet: „Aber wir sind trotzdem voller Hoffnung.“ Deswegen hat er auch die Plakate für das Konzert der jungen Berliner Sängerin Sevgi Kücük, das er heute abend in der Passionskirche veranstaltet, auf deutsch und nicht wie üblich auf türkisch drucken lassen.

Sevgi Kücük singt, von Gitarre, Baglama und Querflöte begleitet, türkische Volksmusik in dezent modernisierter Form, und wer sie kennt, schwärmt von ihrer ausdrucksstarken Stimme, mit der sie die anatolischen Klassiker vorträgt. Vor zwei Jahren hat sie in der Türkei eine Kassette herausgebracht, die sich recht gut verkaufte und dafür auch zwei Videoclips produziert, die im Musikfernsehen liefen. Aber wegen der Karriere in die Türkei ziehen mochte sie nicht. „Meine Familie und meine Freunde leben schließlich alle hier.“ Sie weiß aber auch: „Wenn man Türkisches singt, ist es ein bißchen schwierig in Europa. Auf MTV landet man da nicht.“ Daniel Bax

Multi-Kulti-Mediencafé, Kalckreuthstraße 16, 217 67 10

Sevgi Kücük singt heute abend ab 19 Uhr in der Passionskirche am Marheinekeplatz 1

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