Dounreay lahmgelegt

■ Flüssiges Natrium erzwingt den sofortigen Stopp der Atomanlage

Dublin/London (taz/dpa) – In der Atomanlage Dounreay im Norden Schottlands muß die Aufarbeitung radioaktiven Mülls sofort eingestellt werden. Das ordnete die schottische Umweltschutzbehörde vorgestern überraschend an – aus Sicherheitsgründen. AEA Technology, die privatisierte Betreiberin der Anlage, könne die Radioaktivität der Flüssigkeiten und Gase nicht genau bestimmen, lautete die Begründung für diesen bisher beispiellosen Erlaß.

Es geht um 86 Tonnen geschmolzenes, radioaktiv kontaminiertes Natrium aus Deutschland. In Dounreay wollte man es mit Hilfe von Chemikalien in Salz und Wasser aufsplitten. Bei diesem Prozeß fallen jedoch radioaktive Flüssigkeiten und Gase an. Die hat man bisher ins Meer gekippt und in die Luft entweichen lassen.

Die Umweltschutzbehörde hat nun eine rechtlich bindende Anordnung erlassen, die bereits in Kraft getreten ist. Darin äußert die Behörde erhebliche Zweifel an den deutschen Angaben über die Radioaktivität der Lieferung. Darüber hinaus habe der Import des Atommülls möglicherweise gegen Gesetze verstoßen. Man erwäge Strafverfolgung. AEA Technology erklärte dagegen, daß der Import ordnungsgemäß vonstatten gegangen sei: Nicht nur die deutschen Behörden, sondern auch das Schottland-Ministerium sowie die Behörde zur Überwachung industrieller Umweltverschmutzung hätten grünes Licht gegeben, als die Verträge vor zwei Jahren abgeschlossen worden seien.

An der kanadischen Nordwestküste haben Forscher jetzt Radioaktivität aus der atomaren Wiederaufarbeitungsanlage im britischen Sellafield nachgewiesen. Die Belastung ist den Daten zufolge dort zwei- bis dreimal höher als die Kontamination durch den Reaktorunfall von Tschernobyl. Die Fachzeitschrift New Scientist veröffentlichte diese Ergebnisse, die nächsten Monat bei einer Konferenz über Radioaktivität in der Arktis im norwegischen Tromsö vorgestellt werden.

Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre habe Sellafield die größten Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt, erläutert Per Strand von der norwegischen Strahlenschutzbehörde. Mit der norwegischen Strömung gelangte ein Teil der Abfälle an der Nordküste Sibiriens entlang nach Osten und wurde jetzt in 200 Meter Tiefe vor der kanadischen Küste entdeckt.

Etwa 40.000 Billionen Becquerel Caesium-137 seien von Sellafield aus ins Meer gelangt, schätzt Strahlenschützer Strand. Die Kontamination durch Europas zweitgrößte atomare Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague sei dagegen kaum von Bedeutung. raso