: Behörden sollen Kryptoprogramme nutzen
■ Für den Datenschutzbeauftragten in Brandenburg ist eine Begrenzung der Chiffriertechniken im Internet verfassungswidrig. Verschlüsseln ist Grundrecht
Berlin (taz) – Der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Brandenburg, Dietmar Bleyl, hält die von den Unionsparteien geplanten restriktiven Regelungen beim Einsatz von Verschlüsselungstechniken in den elektronischen Medien für verfassungswidrig. Vor allem der Bonner Innenminister Manfred Kanther kämpft seit Wochen dafür, der Verschlüsselung (Kryptographie) in den Netzen enge Grenzen zu setzen. Die Kryptographie dürfe nicht dazu führen, daß beispielsweise die Überwachung Krimineller „nichts mehr bringt“. Der Innenminister will daher nur solche Verschlüsselungstechniken zulassen, die den Strafverfolgungsbehörden ähnlich wie bei der Telefonüberwachung ein Mitlesen der Kommunikationsinhalte ermöglicht.
Für den Datenschützer Bleyl, der gestern in Kleinmachnow den fünften Tätigkeitsbericht seiner Behörde vorstellte, wird mit einer solchen Regelung aber „massiv in das Grundrecht nach Artikel 10 Grundgesetz, das dem Bürger die Unverletzlichkeit seiner vertraulichen und unbeobachteten Kommunikation garantiert, eingegriffen“. Der Bürger müsse die Möglichkeit haben, seinen Informationsaustausch durch Verschlüsselung vor der Gefahr unbefugten Mitlesens zu schützen. Bleyl fordert weiter, die Kryptotechniken auch im Bereich der öffentlichen Verwaltungen verstärkt einzusetzen. „Angesichts der technischen Möglichkeiten ist nicht hinzunehmen, daß Behörden Online-Daten austauschen, ohne sie vorher zu verschlüsseln.“ Als Beispiel nennt der Datenschützer ein Pilotprojekt in Brandenburg, mit dem Ende des Monats ein landesweiter Informationsverbund der Staatsanwaltschaften geschaffen werden soll. Es sei „nicht hinnehmbar“, daß bei diesem Verbund sensible Informationen ohne Verschlüsselung ausgetauscht werden sollen.
„Fehlende Datensicherung durch Verschlüsselung“ kritisiert der Datenschützer auch im Bereich der Meldeämter in Brandenburg. Dies sei schon wegen der oft mangelhaften äußeren Sicherheitsbedingungen in den Ämtern dringend nötig. Er habe bei den Überprüfungen vor Ort „immer wieder darauf hingewiesen, daß Verschlüsselungssoftware, die nach dem heutigen Stand der Technik finanziell durchaus erschwinglich ist, zur Sicherung der Daten so stark personenbezogener Programme – wie im Meldebereich – unbedingt erforderlich ist“.
Kritik übt der Landesbeauftragte auch an der Praxis der Telefonüberwachungen in Brandenburg. Staatsanwälte und Polizei seien gesetzlich verpflichtet, die Unterlagen aus den Lauschaktionen unverzüglich zu vernichten, wenn sie zur weiteren Strafverfolgung nicht mehr erforderlich sind. Mit wenigen Ausnahmen seien die Vorschriften aber nicht beachtet worden. Wolfgang Gast
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