Auf neuen Pfaden?

■ In Spanien hält sich der deutsche Telefonriese in nächster Zeit zurück

Madrid (taz) – Am Vorabend der Veröffentlichung der ersten Bilanz nach dem Gang an die Börse gab die Deutsche Telekom ihren Rückzug vom spanischen Markt bekannt. Die Deutschen lassen ihre Partner vom Bündnis Global One, France Télécom und Sprint (USA), bei der Bewerbung um das spanische Unternehmen Retevisión allein. 70 Prozent des Staatsbetriebs zur Übertragung von Fernseh- und Rundfunksignalen sollen noch in diesem Jahr privatisiert werden, um dann ab Anfang 1998 der einzigen Telefongesellschaft des Landes, Telefónica, Konkurrenz zu machen.

Der Schritt der Deutschen Telekom hat – so werden in Spanien „Quellen aus der Gruppe Telekom“ zitiert – mit einer künftig stärkeren Expansion in Richtung Osteuropa zu tun. Der zweite Grund waren Unstimmigkeiten bei den spanischen Partnern, die zusammen mit den drei Telefonkonzernen von Global One das Konsortium Opera bilden.

Die Telekom hätte gern den reichen spanischen Energieversorger Endesa samt seinem verzweigten Kabelnetz mit bei Opera gehabt. Diese Pläne zerschlugen sich in den vergangenen Tagen, nachdem Endesa zusammen mit dem italienischen Telefonriesen Stet und anderen eine eigene Gruppe bildete, die jetzt bei Retevisión mitpokert.

Retevisión, die für rund 900 Millionen Mark über den Tisch gehen soll, gewann in den vergangenen Wochen bei den Großen auf dem Telefonmarkt überraschend an Interesse, nachdem die spanische Telefónica eine neue Allianz mit der US-amerikanischen MCI und der British Telecom schloß. Telefónica, die außer in Spanien in fast allen lateinamerikanischen Ländern operiert, rückte damit mit einem Schlag zu den Großen auf dem Weltmarkt auf. Ihr zu Hause Konkurrenz zu machen, ist seither für die ehemaligen Partner der Spanier ein Geschäftsziel erster Klasse. Reiner Wandler