Angriff auf Algeriens Opposition

■ Das Innenministerium will die Partei des ersten Präsidenten Ben Bella verbieten. Die Bewegung ruft zum Wahlboykott auf

Madrid (taz) – Das algerische Innenministerium hat am Donnerstag ein Verbotsverfahren gegen die Bewegung Demokratisches Algerien (MDA) eingeleitet. Die Oppositionspartei von Algeriens erstem Staatspräsident, Ahmed Ben Bella, würde damit Opfer des neuen Parteiengesetzes. Die MDA weigerte sich, die Punkte aus dem Parteistatut zu streichen, die auf die religiöse und kulturelle Identität des Landes Bezug nehmen. Das Parteiengesetz verbietet ausdrücklich die Instrumentalisierung islamischer, arabischer und berberischer Werte für parteipolitische Ziele.

Für Parteisprecher Chaled Bensmain, der täglich mit einer Zwangsauflösung der MDA und der Schließung aller örtlichen Parteibüros rechnet, ist die Begründung nur ein Vorwand. Er sieht im Verbotsverfahren eine Reaktion des Regimes auf die Oppositionsarbeit seiner Bewegung gegen die herrschenden Generäle. Die MDA ist die einzige bekannte politische Formation, die zum Boykott der bevorstehenden Parlamentswahlen aufruft. Parteichef Ben Bella zeichnet sich durch sein unermüdliches Engagement für eine Verhandlungslösung im Machtkampf zwischen Militärs und Islamisten aus. So gehört der Vorsitzende zu den Initiatoren der „Nationalen Versöhnungskonferenz“ 1994/95 in Rom, an der alle Oppositionskräfte – einschließlich der FIS – teilnahmen.

Der Versuch, die MDA zu verbieten, war seit Monaten mittels gezielt verbreiteter Gerüchte vorbereitet worden: Ben Bella würde den ehemaligen Kadern der FIS in der MDA Unterschlupf gewähren, um ihnen die Rückkehr auf die politische Bühne zu ermöglichen.

Eine Gruppe namhafter algerischer Anwälte fand sich unter der Leitung des Vorsitzenden der Algerischen Menschenrechtsliga, Abdenour Ali Yahia, zusammen, um gegen das Verbot vorzugehen und die wenigen dafür im Gesetz vorgesehenen Rechtsmittel auszuschöpfen. Als Beweis für die Willkürlichkeit des geplanten Verbots dient ihnen auch die großzügige Auslegung des neuen Parteiengesetzes bezüglich der gemäßigten Islamisten der Hamas/Bewegung für eine Islamische Gesellschaft. Der Partei genügte eine einfache Umbenennung in „Bewegung für eine Gesellschaft des Friedens“, um weiter Politik machen zu können. Selbst die National-Demokratische Versammlung (RND), die für die Wahlen gegründet wurde, um die Macht von Staatspräsident Liamine Zéroual auch im Parlament abzusichern, spart nicht mit religiösen Anspielungen. „Im Namen Gottes, der Mildtätigkeit und der Barmherzigkeit“ betitelt die RND ihre Aufrufe, genauso wie die vor fünf Jahren verbotene FIS. Rainer Wandler