„Kabila muß auf die anderen Parteien zugehen“

■ Richard Cornwell, wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Afrika-Institut von Südafrika“ in Pretoria, über das Demokratieverständnis der Rebellenallianz und die Zukunft Zaires

taz: Herr Cornwell, Laurent Kabila hat sich selbst zum Staatsoberhaupt der Demokratischen Republik Kongo ernannt. Besteht damit eine Chance auf Demokratisierung?

Richard Cornwell: Die Chancen stehen besser als je zuvor, aber alles wird von den nächsten Schritten Kabilas abhängen. Man kann nur hoffen, daß er nicht den Weg von Äthiopien und Eritrea einschlägt, sondern eine breite Übergangsregierung ernennt, die auch die anderen Kräfte einbindet.

Einer der Mentoren Kabilas ist Ugandas Staatschef Museveni. Er hat vorgemacht, wie man ein Land wirtschaftlich reformieren kann, ohne Demokratie nach westlichen Vorstellungen einzuführen. Besteht nicht die Aussicht, daß Kabila das gleiche tun wird, zumal er immer wieder angekündigt hat, keine Parteien zuzulassen?

Das ist sicher nicht unmöglich. Bisher ist die Rebellenallianz eine regionale Bewegung. Will sie das Land regieren, muß sie mehr sein als eine Bewegung der Banyamulenge im Osten des Landes. Für Kabila geht es jetzt darum, sich zu öffnen und auf die anderen Parteien zuzugehen, zum Beispiel auf den wichtigsten Oppositionspolitiker Etienne Tshisekedi, der schon mal Premier war. Im übrigen gibt es ja auch Einflüsse von außen. Die USA und Südafrika sind seit Monaten in den Verhandlungen über die Zukunft des Landes engagiert. Und Südafrika hat als eines der ersten Länder Kabila als Staatschef anerkannt.

Die Bemühungen der Vermittler, ein Abkommen zwischen Mobutu und Kabila über alle Übergangsregelungen zu erzielen, sind aber gescheitert.

Ja, das stimmt. Allerdings hat Kabila natürlich auch starke wirtschaftliche Interessen, und da kommen dann wieder Länder wie die USA und Südafrika ins Spiel, die ihrerseits am Reichtum Zaires interessiert sind. Das Land wirtschaftlich nach vorne zu bringen heißt eine radikale Neubesinnung. In die gesamte Regierungspolitik muß eine rationale Komponente kommen, und das Regierungsprinzip Diebstahl muß abgeschafft werden.

Ist Kabila überhaupt in der Lage, neue, nicht korrupte Verwaltungen aufzubauen?

Schwer zu sagen im Moment. Ein Vorteil könnte sein, daß die Allianz noch so jung und nicht vollkommen mit dem System verfilzt ist. Andererseits ist noch nicht entschieden, ob sie eine rein militärische oder auch eine politische Bewegung ist. Außerdem muß Kabila entscheiden, wie das Land künftig strukturiert sein soll: stark zentralistisch wie bisher oder etwas stärker föderalistisch. Schon jetzt ist es ja so, daß Zaire eigentlich aus mindestens fünf verschiedenen Ländern besteht, die kaum etwas miteinander zu tun haben.

Nun sind ja Südafrikas Bemühungen um einen friedlichen Übergang nicht ganz uneigennützig, das Land hat auch ein ganz massives wirtschaftliches Interesse an Zaire. Langfristig strebt Südafrika an, Zaire in die Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) mit einzubeziehen. Ist das realistisch?

Ja, durchaus. Zaire grenzt an mehrere SADC-Länder und dürfte von sich aus daran interessiert sein, an diesen Markt angeschlossen zu werden. Für Südafrika ist Zaire zum Beispiel als potentieller Stromlieferant äußerst interessant. Interview: Kordula Doerfler