Vor einem neuen Fernseh-Kartell

■ Die Medienkonzerne Kirch und Bertelsmann schmieden mit der Telekom an einem Pakt – es geht um die Machtaufteilung in der digitalen Medienwelt

Berlin (taz) – Es ging um die Macht im Fernsehen der Zukunft. Doch von den über 50 Teilnehmern, die gestern nachmittag zum Kabelgipfel in Bonn zusammenkamen, waren nur vier wirklich wichtig. Und die hatten schon am Vorabend alles Wichtige ausgekungelt: Telekom-Chef Ron Sommer, der Münchner Medienmagnat Leo Kirch und Michael Dornemann, der TV-Vorstand des Gütersloher Medienriesen Bertelsmann einigten sich am Montag abend offenbar über die Grundzüge einer Machtverteilung in der digitalen Medienzukunft. Dabei als Moderator – nicht ohne Eigeninteresse: NRW-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Die Süddeutsche Zeitung zitierte gestern einen Teilnehmer, man sei „einen großen Schritt vorwärtsgekommen“. Über die Details der Abmachung konnte gestern nur spekuliert werden.

Die Medienkonzerne Bertelsmann und Kirch teilen bereits den herkömmlichen TV-Markt unter sich auf. Die Telekom beherrscht die knapp 17 Millionen Kabelanschlüsse, die als wichtigste Transportwege gelten für das Zukunftsfernsehen mit mehreren hundert Kanälen. In diesen soll den Vorstellungen von Konzernen und Telekom zufolge künftig nicht mehr gelten, was noch in der analogen Gegenwart gilt: Da bestimmen gesellschaftlich kontrollierte Anstalten, was es im Kabel zu sehen gibt. Das wollen die drei nun selbst entscheiden. Natürlich geht es dabei um Geld: Denn das Zukunftsfernsehen stellt man sich als Bezahlfernsehen vor. Doch die Verteilung von Geld und Macht war bislang unter den Dreien umstritten. Die Telekom gab zwar ihren Wunsch auf, Programme und Dienste gegenüber Kunden allein vermarkten und verwalten zu wollen. Sie will die technische Plattform kontrollieren – und beansprucht einen großen Anteil am Erlös. Das wollten ihr die Konzerne zugestehen, auch die technische Plattform – wenn sie nur, verlangte Kirch, mit seiner Technik kompatibel sei. An die Vermarktung aber wollte er Ron Sommer nicht lassen.

Nicht nur die Interessenkonflikte zwischen den Medienkonzernen und dem Netzbetreiber (Telekom) müssen ausgeglichen werden, auch die zwischen Bertelsmann und Kirch. Kirch ist mit DF 1 bereits erfolglos in die Digitalzukunft gestartet, Bertelsmann kontrolliert mit dem Bezahlkanal Premiere die erfolgversprechendste Plattform fürs digitale Geschäft – Kirch ist dort Minderheitengesellschafter. Allerdings standen Kirch und Bertelsmann schon öfter vor einer Abmachung, zerstritten sich aber an Details. Bertelsmann-Vorstandsmitglied Michael Dornemann sagte gestern abend, man könne einerseits Premiere im Wettbewerb zu DF 1 positionieren – oder mit Kirch eine gemeinsame Linie finden. Lutz Meier