Per Richterspruch aus dem OP geholt

■ Ein schottischer Ehemann läßt seiner Frau per einstweiliger Verfügung in letzter Minute eine Abtreibung verbieten

Dublin (taz) – Eine Frau aus der schottischen Hauptstadt Edinburgh darf nicht abtreiben, weil ihr Mann das nicht will. In einem Präzedenzfall entschied vorgestern ein Gericht, daß die 21jährige Kabarettänzerin Lynn Kelly vorerst nicht abtreiben darf und verwies den Fall an eine höhere Instanz.

Der 28jährige James Kelly war vor Gericht gezogen, weil seine Frau bei der Abtreibungsberatung Lügen über ihn erzählt habe. Die beiden haben vor knapp zwei Jahren geheiratet, leben aber seit April getrennt.

Vor acht Tagen urteilte ein Gericht zu Gunsten James Kellys, doch Lynn Kelly ging in die Berufung. Am Mittwoch hob Lordrichter Eassie das Abtreibungsverbot auf; Lynn Kelly machte für den nächsten Tag einen Termin im Krankenhaus. Ihr Mann zog am Donnerstag früh jedoch erneut vor Gericht und beantragte eine einstweilige Verfügung, um in die nächste Instanz gehen zu können. Dem wurde stattgegeben. Der Richter faxte sein Urteil sofort ans Krankenhaus und warnte die Ärzte, die Abtreibung durchzuführen.

Wendy Sheehan, die Rechtsanwältin des Ehemanns, beschuldigte Lynn Kelly der Voreiligkeit, weil sie die Schwangerschaft umgehend unterbrechen wollte, nachdem sie vom Gericht am Mittwoch grünes Licht bekommen hatte. Carol Kearney von der National Abortion Campaign wies diesen Vorwurf wütend zurück. „Frauen treffen schwierige Entscheidungen, wenn es um Abtreibung geht“, sagte sie. „Das Gerichtsurteil, das von Lynn Kelly ein Überdenken einer Entscheidung verlangt, die sie bereits getroffen hat, ist eine Beleidigung für sie und andere Frauen, weil ihre Kompetenz in Frage gestellt wird.“

Doreen McLellan von der Pro- Life Alliance war dagegen hochzufrieden. „Um ein Kind zu zeugen, sind zwei Menschen nötig“, sagte sie. „Und danach sind drei Personen betroffen.“ Ralf Sotscheck