Wasserstoff-Omnibus als Feigenblatt

■ Mercedes testet neuen Motor, der statt Gestank nur Wasserdampf auspustet

Berlin (taz) – Mit einem Omnibus, der mit Wasserstoff fährt, bastelt Mercedes an seinem Umweltimage. „Nebus“ heißt der Prototyp, und seit gestern kurvt er in Stuttgart durch die Probephase. Auch wenn der Bus über das Stadium hinaus ist, in dem Technik und Tank ihn zu einem rollenden Experimentierkasten machten – serienreif sind laut Mercedes bislang weder Bus noch Antrieb. Erst im Jahr 2000 wollen die Benz-Manager über eine Serienproduktion entscheiden. Anlaufen könnte sie frühestens 2005.

Die Entwicklung schleppt sich so dahin, weil das Herzstück des Mobils, eine Brennstoffzelle, die bei niedriger Temperatur arbeitet (siehe Kasten), viel teurer ist als ein herkömmlicher Ottomotor. Doch neue Technik könne bald konkurrenzfähig werden, urteilt Ulrich Stimming, Leiter des Intstituts für Energieverfahrenstechnik im Forschungszentrum Jülich. Immerhin kommt aus dem Auspuff des „Nebus“ nur Wasser – keine Schadstoffe und kein Kohlendioxid. Zur Augenwischerei verkommt das Projekt allerdings dann, wenn der Wasserstoff für den Tank mit Strom aus Kohlekraftwerken hergestellt wurde. Kohlendioxidemissionen lassen sich unterm Strich nur mit Strom aus Solar- und Windkraftanlagen vermeiden.

Solange aber kein Druck bestehe, den Schadstoffausstoß im Verkehr zu senken, habe der Wasserstoffmotor nur schlechte Chancen, bedauert Stimming. „Bislang konnte die Industrie trotz lauten Wehklagens strengere Auflagen immer erfüllen“, stellt der Wasserstoffexperte fest. „Doch die aktuelle TA Luft versperrt den Raum für eine Verschärfung.“

Stimming räumt ein, daß ein Fahrzeug, das flüssigen oder gasförmigen Wasserstoff als Treibstoff mitführen muß, nicht praktikabel ist. Das Gas könne man nicht an herkömmlichen Tankstellen zapfen. Auch sei die Explosionsgefahr bei Unfällen groß. Deshalb setzen die Ingenieure von Volkswagen auf Methanol als neuen Kraftstoff – daraus läßt sich leicht Wasserstoff abspalten. Der Alkohol Methanol ließe sich im Gegensatz zu Wasserstoff an den bestehenden Zapfsäulen tanken.

Für eine optimale Klimabilanz müßte man für den Alkohol Pflanzen vergären. Doch selbst wenn man das Methanol aus fossilen Brennstoffen gewinnt, sticht der Alkoholantrieb den Ottomotor immer noch aus: Er pustet alles in allem ein Drittel weniger Kohlendioxid in die Luft.

Prinzipiell befürwortet auch Greenpeace die sauberere Technik im Nahverkehr. „Doch die Autohersteller benutzen die Wasserstoffprojekte als Feigenblättchen“, spottet der Greenpeace-Verkehrsexperte Günter Hubmann. „Beim Ottomotor meinen die Mercedes- Konstrukteure, jetzt nicht mehr sparen zu müssen.“ Schließlich verbrauche die Mercedes-Flotte im Durchschnitt rund zehn Liter. Da gebe es noch genug Möglichkeiten zum Schonen der Umwelt.

Dennoch laufen Forscher weltweit um die Wette, um die Kosten der Brennstoffzellen zu verringern. Die Wissenschaftler aus Jülich haben sich zum Beispiel die Elektroden der Zellen vorgenommen: Sie sind mit Platin beschichtet – edel und teuer.

Die Mitarbeiter von Ulrich Stimming suchen nach Konstruktionen und Verfahren, die das Edelmetall sparen. Auch die nötige Polymermembran zwischen den Elektroden soll billiger werden. Peter Hergersberg