Schlußakkorde im Brandprozeß

Abschluß der Beweisaufnahme im Verfahren gegen Safwan Eid: Der Ankläger trickst und die Verteidigerin klagt an  ■ Von Marco Carini

Erwartungsgemäß zog Michael Böckenhauer sämtliche Beweisanträge zurück und machte so den Weg für die Plädoyers und den voraussichtlichen Freispruch von Safwan Eid frei. Doch bevor der Ankläger sich gestern aus der Beweisaufnahme verabschiedete, öffnete er noch schnell einen weiteren, den wohl letzten Nebenkriegsschauplatz im Lübecker Brandprozeß.

Ihm seien polizeiliche Unterlagen zugegangen, aus denen hervorgehe, daß das Brandopfer Silvio Amoussou kurz vor dem Feuer gesagt habe, er fürchte sich, in das Flüchtlingsheim zurückzukehren, erklärte Böckenhauer Den Grund, und damit ein mögliches Tat-Motiv für den Angeklagten lieferte der Staatsanwalt gleich mit. Laut Zeugen habe Ammoussou geäußert, er habe sich von Safwan Eid, mit dem er in gemeinsame Drogengeschäfte verwickelt war, bedroht gefühlt.

Richter Rolf Wilken aber wischte die angeblich brisanten Polizei-Protokolle nach kurzer Lektüre gelangweilt vom Tisch: „Das Gericht sieht keinen Anlaß, hier tätig zu werden“. Denn die Unterlagen belegen genau das Gegenteil von dem, was Böckenhauer aus ihnen herausgelesen haben wollte.

Aus dritter Hand war der Polizei der Hinweis zugegangen, Amoussou hätte Entsprechendes gegenüber der ihm entfernt bekannten Nicole V. gesagt. Die vermeintliche Zeugin hingegen erklärte bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 22. Mai dieses Jahres, die Amoussou zugeschriebenen Aussagen seien ihr gegenüber niemals gefallen. Die von dem Freund eines Kollegen ihres Vaters stammende Information sei schlicht falsch.

Warum Staatsanwalt Michael Böckenhauer dem Gericht wissentlich einen Bären aufband, konnte sich einer der Nebenkläger-Anwälte nur so erklären: „Das war allein für die Medien bestimmt, ganz nach dem Motto: 'Irgendwas wird hängen bleiben'.“

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