UN-Bericht fordert Frauenrechte

■ Der neue Weltbevölkerungsbericht klagt die freie Entscheidung der Frauen über die Schwangerschaft ein

New York/Bonn (dpa/AFP) – Sexuelle Diskriminierung und fehlende Gesundheits- und Schwangerschaftsvorsorge verursachen jährlich Krankheit und Tod bei Millionen von Frauen – vor allem in den Entwicklungsländern. Das geht aus dem neuen Weltbevölkerungsbericht vor, der gestern vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. „Die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen ist ein unerläßlicher Bestandteil der Menschenrechte“, betont der Bericht. Frauen müßten selbst entscheiden können, ob und wann sie Kinder haben wollten.

„585.000 Frauen – eine pro Minute – sterben jährlich an Komplikationen während der Schwangerschaft.“ Von weltweit rund 175 Millionen Schwangerschaften seien mindestens 75 Millionen ungewollt – diese hätten 45 Millionen Abtreibungen zur Folge, von denen nur die Hälfte sicher sei. Rund 70.000 Frauen kämen jährlich durch unsachgemäß durchgeführte Abtreibungen ums Leben.

„Der Zugang der Frauen zu Gesundheits- und Schwangerschaftsvorsorge ist aufgrund sozialer Restriktionen, Analphabetismus und Informationsmängel stark begrenzt“, heißt es im Bericht. So bildeten politische und soziale Ohnmacht der Frauen sowie sexuelle Unfreiheit einen Teufelskreis. Deshalb geht der UN-Appell besonders auch an die Männer als Unterdrücker weiblicher sozialer und sexueller Selbstbestimmung: „Da Männer immer noch in der Überzahl die Machtpositionen der Gesellschaft bekleiden, ist es besonders an ihnen, Diskriminierungen gegen Frauen auszuschalten.“

Das Wachstum der Weltbevölkerung hat sich insgesamt verlangsamt. Nach dem Bericht werden im Jahr 2050 rund 9,4 Milliarden Menschen auf der Erde leben, fast eine halbe Milliarde weniger als 1994 angenommen. Derzeit sind es 5,85 Milliarden. Dem Bericht zufolge haben Erfolge im Gesundheitsbereich und der Familienplanung zu dem Rückgang beigetragen.

Der Bericht zeige, sagte UNFPA-Vertreterin Corinna Kuhl, daß sich die globalen Bedürfnisse mit den persönlichen Interessen der Familien deckten: „Hätten die Frauen die Wahl, würden sie weniger Kinder bekommen.“

Bundesfamilienministerin Claudia Nolte (CDU) sagte, für eine bessere Stellung der Frau sei vor allem ein besserer Zugang zu Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten nötig. Daher versuche die Bundesregierung in der Entwicklungspolitik, die Rechte der Frauen zu stärken. Zwar seien in Deutschland Frauen rechtlich in einer viel besseren Position als in vielen anderen Ländern, doch gebe es auch hierzulande Mißstände, die lange „totgeschwiegen“ worden seien. Handlungsbedarf zeige sich zum Beispiel in der besseren Betreuung von Opfern sexueller Gewalt und der konsequenten Strafverfolgung von Menschenhandel und Gewalt gegen Mädchen und Frauen, sagte Nolte.

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