Verständigung gescheitert

■ Ohnesorg-Kongreß endet mit Debakel

Berlin (taz) – „Mit euch kann man nicht diskutieren; ihr beschäftigt euch ja nur damit, euch gegenseitig zu zerfleischen“: Völlig entnervt verkündete Johannes Agnoli, eremitierter Professor der FU Berlin und einer der bekanntesten Theoretiker des Antiparlamentarismus, seinen Abgang. Die anderen Teilnehmer der abschließenden Generaldebatte am Sonntagnachmittag hatten bereits vorher die Flucht ergriffen. Als der Ersatzmoderator, ein Redakteur der Zeitschrift Kalaschnikow – die den Kongreß mitveranstaltete – leicht verzweifelt fragte, welcher von den Diskutanten noch bereit sei, an der Debatte teilzunehmen, erntete er nur noch Schweigen. Damit war die Veranstaltung geplatzt. Zuvor hatten sich die Emotionen bis zur Handgreiflichkeit aufgeschaukelt. Stein des Anstoßes war wie schon am Sonnabend die Anwesenheit des früheren „Kommune I“-Mitgliedes Rainer Langhans. Ihn geißelte Jutta Ditfurth als „Esoterik-Faschisten“, mit dem man nicht mehr diskutieren könne. Wer überhaupt noch mit wem diskutieren kann, geriet so an beiden Hauptveranstaltungen zum eigentlichen Kongreßthema. Der Versuch einer Auseinandersetzung zwischen den Vertretern von 1968 und der heutigen Linken endete als vollständiges Debakel. Während Leute um Ditfurth, die Zeitschrift Konkret und den aufmüpfigen Teil der jungen Welt sich pausenlos von Ex-68ern abgrenzten, hatte diese für „die jungen Leute“ nur noch Kopfschütteln übrig. Einig war man sich nur darin: über diese Konferenz rasch den Mantel des Schweigens zu breiten. JG

Seiten 10 und 14