Kabelkartell am Ende

Bundeskartellamt deckte langjährige Marktabsprachen auf. 265 Millionen Mark Bußgelder  ■ Aus Berlin Gudrun Giese

Bundesfinanzminister Theo Waigel kann sich freuen: Ganz ohne eigenes Zutun beschert ihm das Bundeskartellamt einen warmen Geldregen – 265 Millionen Mark Bußgeld, die die Hersteller von Starkstromkabeln wegen Kartellbildung zahlen müssen.

Bereits seit 1902 teilen die Kabelhersteller in Deutschland den Markt unter sich auf. Aufgedeckt habe das Bundeskartellamt die jahrzehntelangen Marktabsprachen in „der Rekordzeit von acht Monaten“, so Sprecherin Elke Zeise. Die Bußgelder beziehen sich auf den noch nicht verjährten Zeitraum: Zehn Prozent der Umsätze, die sie mit Hilfe des Kabelkartells in den letzten drei Jahre erzielt haben, müssen die Großunternehmen abführen; fünf Prozent die kleineren und mittleren.

Die Kabelhersteller haben über Jahrzehnte den Markt für Starkstromkabel nach Quoten unter sich aufgeteilt. Zu diesem Zweck wurden nach Erkenntnissen des Kartellamtes alle Kundenanfragen – von Energieversorgungsunternehmen, Stadtwerken, Industriekunden und Großhandel – gesammelt und auf die Kartellmitglieder verteilt. Organisiert wurden die Absprachen über fünf Arbeitskreise, ihre Sitzungen koordinierte der Fachverband „Kabel und isolierte Drähte“ in Köln.

Von den 265 Millionen Mark Bußgeldern, die jetzt fällig werden, sind 230 Millionen bereits rechtskräftig. Allein auf Siemens entfallen 58,6 Millionen Mark. Einspruch werde man nicht einlegen, kommentiert Konzernsprecher Thomas Weber säuerlich, schließlich habe Siemens mit anderen Starkstromkabel-Herstellern wie Rheydt oder kabelmetal electro tatsächlich verbotene Absprachen getroffen. Allerdings sei die Höhe der Bußgelder „exorbitant und für einige existenzgefährdend“. Das Kartellamt wies Vorwürfe zurück, wonach die hohen Bußgelder betroffene Unternehmen in den Ruin treiben könnten. Tatsächlich hätte das Kartell jahrzehntelang künstlich hohe Preise am Markt durchgesetzt, sagte dazu der zuständige Abteilungsleiter Harald Lübbert gestern. Den Umstand, daß inzwischen die Preise in der Branche verfielen, sei nicht dem Kartellamt anzulasten. Unternehmen, die ihre wirtschaftliche Notlage nachweisen könnten, so Behördensprecherin Elke Zeise, könnten Stundung beantragen.

Einspruch gegen den Bußgeldbescheid will lediglich die Kölner Firma Felten Guilleaume Energietechnik einlegen, auf die 36 Millionen Mark Bußgeld entfällt. Gegen die Unternehmen KWO Kabel sowie Waskönig-Walter sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. 15 Millionen Mark Strafe könnten hier noch fällig werden – über die gestern bekanntgewordenen 265 Millionen hinaus.