Viel Kohl, bißchen Goebbels, wenig Neues

■ Heinrich Pachl beendete mit seinem Programm „Geld & gute Worte“das 11. Kabarett-Festival auf Kampnagel. Ein Rückblick über Highlights und Schwachpunkte

Wenn Kabarettisten Eisschollen auf die Bühne schleppen, muß man sich – besonders, wenn man sich im jugendlichen Leichtsinn nach vorne setzt – hinterher nicht wundern, wenn man sich mitten im Sommer erkältet. Matthias Richling schien denn auch eher mit dem älteren Anti-Bonn-Stammtisch-Publikum warm zu werden. Vorsorglich erinnerte Richling alle zwei Sätze daran, die rheinischen Volksvertreter seien allesamt „Verbrecher“, „Ausbeuter“und sowieso völlig beschränkt. Das mag ja alles stimmen, nur schien dem erfahrenen Kabarettisten neben „Kohl wörtlich“-Nummern nichts einzufallen. Das hochgelobte Festival-Highlight ritt auf der flachsten Politikerwelle – dabei haben gerade in diesem Jahr genügend begabtere Kollegen bewiesen, wie weit sich Kabarett vom ausgelutschten Kohl-Witz entfernen kann.

So setzte Heinrich Pachl mit seinem Programm Geld & gute Worte den gelungenen Schlußpunkt des dreiwöchigen Festivals. Zumal Pachl gern auf historische Parallelen verwies: „Was früher die Durchhaltefilme waren, sind heute die Arztserien!“Eben alles genau wie bei Goebbels – „schließlich auch ein Doktor!“Themen sind Pachl indes nur gnädige Aufhänger für gekonnte Wortverdrehungen. Nicht nur, daß er als König des Stabreims in die Kleinkunst-Geschichte eingehen wird – der 53jährige könnte inzwischen einen eigenen „Pachl-Duden“herausbringen. Von „demokratischen Grunzrechten“bis zur „Schröpfungsgeschichte“erfährt der fast überforderte Zuhörer auch einiges über „die Ignoranz, die Impertinenz und die Inkompetenz“korrupter Politiker. So wird Bonn auf der Bühne wieder interessant.

Wärmstens weiterempfohlen seien noch drei erholsam aus dem Rahmen fallende Ensembles: Die Gebrüder Grosche und das Valtorta-Quartett bewiesen eindringlich, wie fließend die Grenzen zwischen Schauspiel und Kabarett sein können und dürfen. Die Gruppe Ars Vitalis war mit ihrem Programm Eher Muzik als Theater eine großartige, aber leider einsame musikalische Vertreterin der Kleinkunstzunft.

Solche Glanzstücke kleinkünstlerischen Bühnendaseins machen ein Festival lohnenswert. TV-Stars wie Richling können gerne eben-dort weiter vor sich hinsenden oder gleich mit ihren Bühnen-Eisschollen baden gehen. Klaus Rathje