Das Portrait
: Das Wunderkind mit Spätzünder

■ Iva Majoli

Nur wenige Tennisspielerinnen wurden schon in jungen Jahren mit so viel Vorschußlorbeeren bedacht wie Iva Majoli. Mit 14 unterschrieb die Kroatin ihren ersten Profivertrag, nachdem sie ein Jahr zuvor in der Tennis- Akademie des berühmt-berüchtigten Nick Bollettieri in Florida aufgetaucht war und dort ihre Grundschläge perfektionieren ließ. Allenthalben als neue Monica Seles gepriesen, war sie mit 15 bereits unter den ersten 50 der Weltrangliste, und in ihrer Heimat wurde sie schnell so berühmt, daß man sie 1994 zur Sportlerin des Jahres wählte.

Dennoch fehlte etwas. Bis zum Samstag konnte man zwar nicht unbedingt sagen, daß sie die hohen Erwartungen enttäuscht hätte, schließlich tummelt sie sich seit 1995 in den Top Ten und gewann auch einige Turniere, aber der prognostizierte Sprung nach ganz oben blieb aus. Vor dem Finale von Paris gegen Martina Hingis galt die mittlerweile 19jährige als nahezu chancenlos, zumal sie von einer heftigen Erkältung geplagt wurde. Mit einiger Mühe hatte sie sich ihren Weg ins Endspiel gebahnt und etwa im Achtelfinale gegen Olympiasiegerin Lindsay Davenport nach Verlust des ersten Satzes im zweiten schon 0:4 zurückgelegen. Dieses doch noch gewonnene Match, so Majoli, habe ihr „eine Menge Vertrauen“ gegeben. „Ich sah, daß ich, auch wenn ich zurücklag, stark war.“

Eine Verlegenheit, in die sie beim Finale nicht kam. Wenn etwas noch erstaunlicher war als Majolis Sieg gegen die in diesem Jahr bisher übermächtige Weltranglisten-Erste aus der Schweiz, dann die relative Leichtigkeit, mit der sie ihn herausspielte. „Das Match meines Lebens“, jubilierte die Tochter eines Taxifahrers aus Zagreb anschließend. „Ich war so konzentriert, daß ich irgendwann nicht mehr wußte, wo ich war.“ Wo der Ball war, wußte sie dafür immer, und verantwortlich dafür war ihrer Meinung nach ein ganz besonderer Komplize: „Ich glaube, Gott hat mir geholfen.“ Merke: Gott mag keine Schweizer.

Die French Open waren seit langem Majolis „Lieblings-Grand-Slam“, dreimal stand sie zuvor schon im Viertelfinale. Ganz anders in Wimbledon. Hier kam sie noch nie über die erste Runde hinaus. Aber auch das soll in diesem Jahr anders werden. „Wenigstens ein Match gewinnen“, ist ihr großes Ziel für London. Helfen soll eine spezielle Vorbereitung. Majoli: „Ich werde Gras fressen.“ Matti