„Künstliches Problem“

■ Gefangene beklagen Doppelbestrafung

Eine „unhaltbare Doppelbestrafung“ nicht-deutscher Gefangener im deutschen Strafvollzug kritisierte gestern der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir. Der türkische Schwabe besuchte gestern auf Einladung der ausländischen Insassenvertretung die Hamburger Vollzugsanstalt in Fuhlsbüttel. Die Gefangenen hätten sich über formale Diskriminierung beklagt, berichtete Özdemir.

42 Prozent Ausländer (zumeist Türken) sitzen derzeit in Santa Fu, in der Jugendstrafanstalt Hahnöversand beträgt ihr Anteil 70 Prozent – und alle klagen über die Verweigerung von Hafterleichterungen. Nach dem Gesetz haben Strafgefangene Rechtsanspruch auf Urlaub – dieser werde den ausländischen Häftlingen aber zumeist verwehrt, so Özdemir. Argumentiert werde mit dem Transfer-Abkommen, das die Abschiebung eines Straftäters nach der Hälfte der Haftzeit vorsieht. Danach werden die Insassen, auch wenn sie nicht vorzeitig ausgewiesen würden, wie Abschiebehäftlinge behandelt. „Das heißt jahrelang kein Hafturlaub und kein Recht auf Umschulung oder Weiterbildung“, so Özdemir. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden aber vom Lohn abgezogen.

Auch das fehlen geistlicher Betreuung kritisieren die muslimischen Gefangenen; hier sei eine feste Regelung notwendig. „Das Problem ausländischer Gefangener ist künstlich erzeugt“, betonte Özdemir zudem. Wenn in der Bundesrepublik das Recht auf doppelte Staatsbürgerschaft existieren würde, bedeute das für die Mehrheit der Gefangenen das Ende der diskriminierenden Doppelbestrafung. sako