■ Mit Chinas Umwelt auf du und du
: Mehr Bewußtsein

China wird reicher, doch die Umwelt wird dabei ruiniert. Bereits fünf der zehn weltweit am meisten verschmutzten Städte sind chinesische. Sogar die nationale Umweltbehörde (Nepa) stuft die Lage als „relativ ernst“ ein. Grund genug für Liang Congjie, die unabhängige Umweltgruppe Friends Of Nature (FON) zu gründen. Sie will vor allem über die Ursachen der Schäden aufklären.

Momentan besucht Liang, ein Enkel von Liang Qichao, dem chinesischen Reformer der Jahrhundertwende, als FON- Präsident die Bundesrepublik, und präsentierte vergangene Woche unter anderen mit der Hamburger Umweltbehörde ein Projekt zur Unterstützung der Umwelterziehung in China. In der ersten Stufe informiert sich Liang hier über deutsche Initiativen. Im Herbst reist dann ein Dutzend chinesischer Lehrer zur Fortbildung nach Deutschland.

„Chinas Umweltsituation bedrückt mich“, sagt FON-Präsident Liang, nachdem er fast kindlich verzückt vom Vogelgezwitscher neben seinem Hamburger Hotel erzählt. „In Peking gibt es das nicht mehr.“ Vor drei Jahren gründete er Ziranzheyou, die Friends Of Nature. Die Regierung erlaubt landesweit nur eine Organisation pro Ressort – im Umweltbereich ist das eine Organisation aus pensionierten Funktionären der staatlichen Umweltbehörde. Daher firmiert Liang mit FON als Untergruppe der Akademie der chinesischen Kultur. Während andere regierungsunabhängige Organisationen in China sich zwar so nennen, faktisch jedoch eng mit dem Staat verzahnt sind und von ihm finanziert werden, finanziert sich die FON aus eigener Kraft.

Trotz bräunlicher Smogglocken und drei Millionen Bronchitistoter in den vergangenen drei Jahren regt sich kaum Umweltbewußtsein in China. Deshalb freut man sich bei FON um so mehr über erste Erfolge wie die Rettung des chinesischen Goldaffen und die gut angenommene Kampagne gegen die traditionelle Käfighaltung von Singvögeln und mehr Medienberichte. Nach einer FON-Studie füllten Umweltberichte nur 0,46 Prozent der chinesischen Zeitungen. In den vergangenen Monaten beobachtete Liang jedoch einen Anstieg des Umweltinteresses in allen Medien. Martin Kühl