Wenig Geld, viel gute Worte

■ EU-Regierungschefs einigen sich in Amsterdam auf Beschäftigungsresolution und mageres Kreditprogramm

Amsterdam (taz) – Erst einigten sich gestern doch noch die EU-Finanzminister, dann nickten auch die 15 Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel in Amsterdam. Dem Stabilitätspakt für den Euro wird eine Resolution über Wachstum und Beschäftigung angehängt. Die soll die künftigen Euro-Teilnehmer verpflichten, die Beschäftigung zu fördern. Danach soll die EU-Kommission künftig nicht nur die Effizienz der Sparmaßnahmen, sondern auch die Arbeitsmarktpolitik der EU- Staaten analysieren und Vorschläge zur Verbesserung machen. Sie soll außerdem dazu beitragen, eine koordinierte Beschäftigungsstrategie zu entwickeln. Die Resolution wiederholt im wesentlichen das Beschäftigungskapitel im neuen EU-Vertrag. Er soll heute beschlossen werden.

Die Resolution wurde gestern nur in Bruchstücken bekannt. Aber sie sieht offensichtlich vor, daß die Europäische Investitionsbank (EIB) zusätzliche zinsvergünstigte Kredite für nationale Beschäftigungsprojekte zur Verfügung stellen soll. Europäische Beschäftigungsprogramme, wie sie von Frankreich gefordert wurden, um das rigide Sparen für den Euro abzufedern, wird es voraussichtlich nicht geben. Die sozialistische Regierung in Paris, die im Wahlkampf Nachverhandlungen für den Stabilitätspakt versprach, gab sich nun mit der Resolution zufrieden. Damit war der Weg frei für den Stabilitätspakt, so wie er von Bonn verlangt und unverändert durchgedrückt wurde. Er schreibt vor, daß auch nach Beginn der Währungsunion das Haushaltsdefizit der teilnehmenden Länder drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht überschreiten darf. Bei Überschreitung sind hohe Strafen zu bezahlen. Wäre der Stabilitätspakt bereits in Kraft, hätte der deutsche Finanzminister Theo Waigel für das vergangene Jahr sieben Milliarden Mark abdrücken müssen. Mit diesem Pakt möchte Waigel verhindern, daß die Euro-Teilnehmer nach Eintritt in die Währungsunion wieder Schulden machen und damit, wie Waigel glaubt, die Stabilität der neuen Währung gefährden. Trotz erheblicher Bedenken haben die anderen EU-Länder einschließlich Frankreich zugestimmt, weil ihnen der Euro wichtiger war. Paris sieht in der Währungsunion die einmalige Chance, die Macht der Bundesbank zu brechen und ein starkes Gegengewicht zum Dollar zu schaffen.

Dafür steckte Lionel Jospin auch bei der Beschäftigungspolitik zurück. Die in den EU-Vertrag eingefügten Pilotprojekte zur Koordinierung der Beschäftigungspolitik wie auch die zusätzlichen EIB-Kredite für nationale Beschäftigungsprogramme liegen weit hinter den in Frankreich geweckten Erwartungen. Immerhin erreichte Jospin aber, daß bei der Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der EU künftig auch die Arbeitslosenzahlen berücksichtigt werden. Damit es die Staats- und Regierungschefs schön ruhig haben, hatte die Polizei am Morgen 300 Demonstranten des EU-Gegengipfels „vorsorglich festgenommen“. Zunächst hatte die Polizei einen Demonstrationszug durch die Amsterdamer Innenstadt für einige Stunden eingekesselt. Mit Schlagstöcken trieb sie die Demonstranten dann auseinander und verfrachtete 300 Menschen in einen Bus. Einige Polizisten waren laut Augenzeugen als „Autonome verkleidet“. Die Festgenommenen wurden an einen unbekannten Ort gebracht. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglieder einer „kriminellen Organisation“ zu sein. Welcher, konnte die Polizei nicht sagen.

Alois Berger, Bericht Seite 6