Reif für die Insel

■ Was eine Hamburger Greenpeace-Aktivistin auf dem Felsbrocken „Rockall“im Nordatlantik so treibt

407 Kilometer nordwestlich von Schottland, nur 27 Meter breit und 23 Meter hoch – das ist das mit Möwenmist beschissene Felslein namens Rockall. Früher wollten es die Briten wegsprengen, heute soll dort nach Öl gebohrt werden. Doch weder die Dänen noch die Isländer wollen dort britische Besitzansprüche anerkennen. Wenn drei sich streiten, freut sich der vierte: Heute erklärt Greenpeace das Eiland zum unabhängigen „Global State of Waveland“. Die Hamburger Regenbogen-Kämpferin Meike besetzt bereits seit neun Tagen zusammen mit zwei anderen Aktivisten Rockall. Wie sich das Leben zwischen Möwenmist und Wellenbrechern abspielt, berichtet sie im taz-Interview.

taz: Was treibt einen vernünftigen Menschen dazu, auf einer 23 Meter hohen Felsennase im Atlantik zu campieren?

Meike: Der Wille, die Welt darauf aufmerksam zu machen, daß es keinen Sinn macht, nach noch mehr Öl zu bohren. Schon die jetzt vorhandenen Ölvorräte zu verbrennen, kann das Klima nicht verkraften.

Als Nicht-Heldin stellt man sich einen solchen Aufenthalt einsam, langweilig, naß und kalt vor.

Über die Vorstellung, daß unser Schiff wegfährt und wir dann hier alleine sind, nur Wasser um uns herum, habe ich vorher viel nachgedacht. Aber es ist unglaublich schön. Wir können Wale, Robben und Vögel beobachten. Langweilig ist es überhaupt nicht.

Und wenn das große Unwetter kommt?

Mit dem Wetter hatten wir bisher Glück. Die Überlebenskapsel ist außerdem sehr fest verankert.

Ist es denn gar kein kleines bißchen gefährlich?

Doch, aber man kann ein Unwetter überleben. Es wird sicher nicht einfach sein, mehrere Tage in der drei Meter langen Kapsel zu dritt zu verbringen ohne rauszukönnen.

Aber rauszugehen ist offenbar auch kein Vergnügen, weil die Möwen Euch auf den Kopf und auch gern durch die Dachluke scheißen.

Wenn der Wind in einer bestimmten Richtung steht, kommt das vor.

Und wenn man selber mal muß?

Wir haben einen Eimer und der wird hinterher ausgekippt.

Und die Körperpflege?

Duschen geht hier nun mal nicht.

Das würde mir aber stinken.

Wir waschen uns. Und zwar mit eiskaltem Seewasser. Zum Zähnputzen nehmen wir etwas von unseren kostbaren Süßwasservorräten.

Bekanntermaßen muß auf eine einsame Insel das „gute Buch“mitgenommen werden. Welches?

Ich habe eins über Südafrika eingepackt, aber es ist viel zu aufregend und spannend hier, um sich darin zu vertiefen. Ich bin erst auf Seite fünf.

Geht ihr euch überhaupt noch nicht auf die Nerven?

Bis jetzt nicht. Hier gibt es nichts, worüber man sich aufregen muß.

Was treiben tapfere Greenpeace-KämpferInnen eigentlich den ganzen Tag?

Es gibt hier immer etwas zu tun oder zu sehen. Alltag organisieren, Suppe heißmachen, nachsehen, ob die Gurte noch fest sind, telefonieren. Man erzählt sich viele Geschichten oder diskutiert über die Aktion.

Habt ihr schon den Feind, also die Briten, gesichtet?

Hier sind nur ab und zu ein paar Fischerboote vorbeigefahren. Aber der britische Premier Tony Blair hat gesagt, daß wir gerne auf „seinem“Felsen campen dürften.

Das Gespräch nach

Übersee führte: Silke Mertins