„Ein Roboter kommt überall hin“

■ In der Hochschule Bremen lassen StudentInnen im Probelabor Maschinen mit Lego bauen und simulieren so die Industrie

Vorsichtig hebt der einarmige Industrieroboter den Hund um ein paar Zentimeter an und setzt ihn auf das Flachdach der Legovilla. Noch ein sanfter Druck auf den Playmo-Wauwau; das Programm des Roboters ist durchgespielt und beginnt von neuem: Glühbirnen vom Werkstoffträger heben, prüfen, installieren; Lego-Fertighausteile transportieren, montieren; Glühbirnen vom Werkstoffträger heben...

Am PC hat Martin Ahrens Zeit, die Anlage zu erklären. Der Student der „Technischen Informatik“präsentierte gestern zusammen mit seinen Kommilitonen der Bremer Hochschule das neue Großgerät „Entwicklungssystem Roboter-Anwendung“– ein Gerätepark von gelenkigen und muskulösen Leichtmetallarmen, die im Zusammenspiel mit Computern, Kameras und Förderbändern eine Zelle der modernen Industriefertigung simulieren. Fast zwei Jahre brauchten die künftigen Ingenieure unter Anleitung von Projektleiter Prof. Eduard Lotte, um den ersten Roboterpark der Hochschule einzurichten.

Wie die Einrichtung eines ultramodernen Aufenthaltsraumes für schwererziehbare Jugendliche wirkt heute ihr Praxislabor: Ein zwei Meter hoher Drahtverhau (mit „Not aus“-Strippe) zieht sich um die Gleisanlagen einer Modelleisenbahn – das Ungetüm eines Daimler-Robots, Jahrgang 1984, beugt sich drüber und spielt Containerkran. Die nächsten Generationen des vier Jahre alten Studiengangs „Technische Informatik“sollen hier ihr theoretisches Wissen praktisch erproben. „Eine Spielwiese ist das nicht“, betonte Hans Jürgen Schönert vom Bremer Werkzeug- und Maschinenbau (BWM) und begrüßte die Studenten als „künftige“Kollegen. Als Hauptlieferant des über 250.000 Mark teuren Maschinenparks verwies er auf die Praxisnähe der Anlage – trotz Lego und Modellbahn. PC gesteuerte Roboter – im Fachdeutsch: „programmierbare Anwendungen“– seien groß im Aufwind, mit jährlichen Steigerungsraten um die zehn Prozent. Immerhin habe man in Deutschland mit schlappen 55.000 Industrierobotern gegenüber Japan kräftig aufzuholen, bekräftigt Professor Lotte. „Normalerweise“, sagt Siebtsemester Ingo Krämer, der seinen sechsachsigen Knickarm-Roboter aufs Logo-Schreiben getrimmt hat, poliere und schleife sein „Mitsubishi“Auto-Oberflächen und „verklebt die Dichtungen: Auch an der Unterfläche. Weil: Ein sechsachsiger Roboter kommt überall hin“. Hans Jürgen Schönert erzählt von der Kleinst-Handyproduktion – 250.000 in der Woche, für die Roboter die Hauptarbeit verrichten.

Die Studenten also sehen sich im Aufwind. „Wir stehen auf der Schnittstelle zwischen Informatik und maschineller Fertigung“. Hoffentlich ist da noch Platz. ritz