Bezirke zeigen Schwulen-Flagge

■ Innensenator erläßt Beflaggungsverbot. Aber die Regenbogenfahnen wehen trotzdem vor zehn Rathäusern

Zehn Rathäuser der Stadt zeigen Flagge. Das Symbol der homosexuellen Bürgerrechtsbewegung, die Regenbogenfahne, wird heute vor zehn von SPD, Grünen oder PDS regierten Rathäusern wehen. Mit der vom Schwulenverband Deutschland (SVD) initiierten Beflaggung fordern die Bezirksbürgermeister die volle Gleichberechtigung der Homosexuellen.

Die grüne Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer hat gestern in Schöneberg zum Auftakt geblasen: Feierlich wurden drei Regenbogenfahnen im Beisein von Vertretern des Schwulenverbandes gehißt. Auch von dem eine Stunde zuvor eingegangenen Beflaggungsverbot von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) ließ sich Ziemer nicht abschrecken: Nach der Berliner Flaggenordnung dürfe bei besonderen Anlässen ohne Zustimmung des Innensenators örtlich Flagge gezeigt werden.

Die Fahnen werden heute in Charlottenburg, Hellersdorf, Hohenschönhausen, Kreuzberg, Lichtenberg, Mahrzahn, Prenzlauer Berg, Schöneberg, Tiergarten und Wedding wehen. Die Bezirke unterstützen damit auch die Lesben- und Schwulentage, die am Wochenende mit dem Lesbisch- Schwulen Stadtfest beginnen. Der Höhepunkt wird am Samstag die traditionelle Parade zum Christopher Street Day sein.

Mit einem „Schreiten wir zur Tat“ wurde dann die drei Flaggen unter dem Beifall der Anwesenden gestern vor dem Schöneberger Rathaus hochgezogen. Mit der Aktion stellte Ziemer klar, daß Schöneberg schon immer ein „traditioneller Bezirk der Toleranz und Offenheit“ gegenüber Schwulen gewesen sei. Gegen „Gewalt und Intoleranz“ in Berlin müsse man eintreten.

Der Streit zwischen Homosexuellen und Innensenator ist nicht neu. Im letzten Jahr wurde zum ersten Mal die Regenbogenfahne der Homosexuellen gehißt. Die Bezirke Schöneberg und Prenzlauer Berg hatten ihre Rathäuser gegen den Widerstand von Senator Schönbohm mit der Schulenfahne geschmückt.

Auch in diesem Jahr hatte der Schwulenverband den Bezirken die Beflaggung vorgeschlagen. Diesmal aus besonderem Anlaß: Die Schwulenbewegung feiert 1997 ihren hundertsten Geburtstag. Doch jetzt geht Jörg Schönbohm härter vor: Er droht mit Polizeigewalt.

Um die Flaggen wegzubekommen appellierte er an die Moral der BezirksbürgermeisterInnen. Als „Verfassungssenator“, so Schönbohm, „untersage ich das Zeigen der Regenbogenfahnen“. Diese seien rechtlich nicht zulässig und würden bei den „rechtschaffenen Bürgern“ zu einem Vertrauensverlust „in die Politik und den Rechtsstaat“ führen. Karen König