Uncharmter Columbo

■ „Töchterlein, mein Herz ist rein“

Seit die Verlage gelernt haben, wie sehr die Mimi ihren Krimi liebt, kann sie sich vor Bettlektüre kaum noch retten. Und was ein anständiger Frauenkrimi ist, kommt schon lange nicht mehr ohne Kommissarin aus. Immer öfter übernehmen zudem Mörderinnen das blutige Geschäft.

Die Hamburgerin Anne Schneider schickt in ihrem Waschmaschinenkrimi Töchterlein, mein Herz ist rein die fünfzigjährige Hauptkommissarin Luise Hülshoff ins Rennen, der sie den zimperlichen Inspektor Thode-Maier zur Seite stellt: leicht vertrottelt, aber dabei entschieden uncharmanter als Columbo. Zu allem Überfluß ist der arme Mann auch noch geschlagen mit einer frigiden Frau. Was bleibt ihm also übrig, als seine Chefin, die gerade ihr lesbisches Coming-Out durchlebt, zu bewundern? Die Fälle, die das Gespann zu bearbeiten hat, sind klinisch sauber: Ein Serienmörder hat es auf Hamburgs Karrierefrauen abgesehen. Alle seine Opfer sind groß, schlank, blond. Und alle bevorzugten sie Frauenbekanntschaften. Eigentlich ein ganz hübscher Plot, den Anne Schneider jedoch mit psychosozialen Motiven und Hintergründen überfrachtet hat. Kindesmißbrauch und -mißhandlung fehlen ebensowenig wie das Klischee der einsamen Erfolgsfrau. „Too much“, seufzt Mimi, während sie sich mühsam durch die hölzernen Dialoge quält. Und kurz vor dem Einschlafen fällt ihr eben noch ein, daß sie Menschen, die „komplizenhaft“lachen oder „spitzbübisch“grinsen eigentlich nur aus den Pferdebüchern ihrer Mädchenzeit kennt ...

Diemut Roether

Anne Schneider, Töchterlein, mein Herz ist rein; Rasch + Röhrig, Hamburg, 200 Seiten