Drogen, Falschgeld und geschmuggelte Zigaretten

■ Um an Devisen zu kommen, schreckt Nord-Koreas Führung auch nicht vor illegalen Geschäften zurück. Auch Diplomaten im Ausland sind darin verwickelt

Berlin (taz) – Nord-Korea ist pleite. Am Montag meldete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap, die Führung in Pjöngjang habe die UNO gebeten, den nordkoreanischen Beitrag für die Mitgliedschaft in der Weltorganisation zu reduzieren. Unterdessen mehren sich Berichte, wonach die Staatsführung des kurz vor einer Hungersnot stehenden Landes versucht, mit illegalen Methoden an Devisen zu kommen. So tauchten in den letzten Monaten immer wieder Inforamtionen über nordkoreanische Diplomaten und Arbeiter im Ausland auf, die dabei ertappt wurden, wie sie mit Drogen, Falschgeld oder geschmuggelten Zigaretten handelten.

„Die Nordkoreaner sind über diese Situation nicht glücklich“, meint Mark Suh, Nord-Korea-Experte der Freien Universität Berlin, „aber ihnen bleibt kaum ein anderer Weg, um an Geld zu kommen.“ In den letzten Monaten wurden weltweit nordkoreanische Arbeiter wegen illegaler Geschäfte verhaftet. Diplomaten, die angeblich mit ihnen in Verbindung standen, wurden von ihren Gastgeberländern ausgewiesen. Nord-Koreas Staatsführung dementiert, hinter solchen illegalen Aktivititäten zu stecken. Aber, so Mark Suh: „Bei der politischen Struktur Nord-Koreas ist es unmöglich, daß solche Dinge ohne Zustimmung der Regierung geschehen.“ Beobachter vermuten, daß die bekanntgewordenen Fälle nur die Spitze eines Eisbergs sind, die Mehrheit der illegalen nordkoreanischen Aktivitäten unbekannt bleibt.

So führte der Schmuggel von Elfenbein zum Sturz von Jang Myong Sik. Der Kanzler der nordkoreanischen Botschaft in Sambia wurde im Januar auf dem Flughafen von Harare in Simbabwe verhaftet. In seinem Gepäck fanden sich 33 Stücke unbearbeiteten Elfenbeins.

Drei nordkoreanische Diplomaten mußten Schweden verlassen, weil man sie im vergangenen Jahr in Estland mit einem Lkw voller geschmuggelter Zigaretten erwischt hatte. Laut schwedischen Diplomaten versuchten die Nordkoreaner, sich mit dem Hinweis auf ihren Diplomatenstatus aus der Affäre zu ziehen – vergeblich.

Kim Cher Min, dritter Botschaftssekretär Nord-Koreas in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator, wurde im Dezember erwischt, als er versuchte, gefälschte 100-Dollar-Noten gegen echte einzutauschen. Zuvor soll er auf dem Schwarzmarkt rund 100.000 US-Dollar erfolgreich gegen chinesische Yuan und russische Rubel gewechselt haben.

Davor war bereits in Kambodscha ein mit nordkoreanischem Paß reisender früherer Führer der japanischen Roten Armee mit gefälschten US-Dollars in der Tasche verhaftet worden. Laut US- amerikanischen Geheimdienstlern stammten die Blüten von erstaunlich guter Qualität direkt aus Pjöngjang.

Nord-Korea-Experten vermuten als eine Ursache für diese Vorfälle das ökonomische Desaster in dem abgeschotteten Staat. „Die diplomatischen Vertretungen müssen sich selbst Geld beschaffen, um ihre Arbeit am Laufen zu halten“, meint Suh. Hinzu kommen Indizien für die Verwicklung Nord-Koreas in den internationalen Drogenhandel. So wurden Anfang des Jahres auf einem nordkoraenischen Schiff in einem japanischen Hafen Honiggläser, gefüllt mit chemischen Drogen, gefunden. Und in den letzten zwölf Monaten soll der Zug von Pjöngjang nach Moskau mindestens fünfmal gestoppt worden sein. Russische Grenzsoldaten hatten in den Waggons größere Mengen Rohopium gefunden. Im vergangenen November brachte sich im sibirischen Slawynka ein nordkoreanischer Arbeiter um, weil er beschuldigt worden war, Opium in Wert von 800.000 US-Dollar geschmuggelt zu haben. Opiumexport scheint in Nord-Korea mittlerweile zum Teil der staatlichen Finanzpolitik geworden zu sein. Im vergangenen November behauptete der geflohene nordkoreanische Pharmakologe Ho Chang Gol, die Führung in Pjöngjang betreibe zehn geheime Mohnfarmen. Der Mohn werde in Nord-Korea zu Opium verarbeitet und dann exportiert. Nordkoreanische Migranten, die im Ausland in Verbindung mit Drogendelikten verhaftet wurden, hatten häufig gute Verbindungen nach Pjöngjang. Nach Angaben südkoreanischer Geheimdienstler könnte Nord-Korea mit Drogengeschäften bis zu 300 Millionen US-Dollar jährlich verdienen. Hugh Williamson