Nachgefragt: Einheits-Kita-Kosten?
■ Sind Bremerhavens Kita-Gebühren ein Modell für Bremen nach dem Urteil?
Vor fünf Tagen kippte das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Bremer Kita-Gebühren. Datenschutzgründe, so wird vermutet, sind ausschlaggebend; außerdem bemängelt das Gericht die hohe Spreizung der Beiträge zwischen 56 und 619 Mark. Urteilsverkündung ist in zwei Wochen. Fest steht, daß ab August die Beitragsordnung ungültig ist. Der Jugendsenat ist jetzt auf der Suche nach einer neuen Regelung. Mehrfach wurde das Bremerhavener Modell eines Einheitsbeitrags ins Spiel gebracht, zuletzt berief sich darauf die Abgeordnete Karla Hense-Brosig(AFB). Mit dem Bremerhavener Stadtrat für Jugend und Familie, Melf Grantz (SPD)sprachen wir über seine Kita-Gebühren.
taz: Herr Grantz, worin unterscheidet sich denn die Bremerhavener Gebührenordnung für Kitas von der Bremer?
Melf Grantz: Wir haben in Bremerhaven ein starres Modell. Wir nehmen von allen Eltern, soweit sie leistungsfähig sind, den gleichen Betrag für die jeweils gewählte Betreuungsform. Wenn die Eltern nicht zahlen können – wegen geringer Einkommen, Arbeitslosigkeit oder anderem, dann tragen wir aus Jugendhilfe-Mitteln die Kita-Gebühren, so daß diese Eltern dann gar nichts bezahlen.
Und was kostet der Kita-Platz im Normalfall?
Die Eltern bezahlen für eine Halbtagsbetreuung mit Verpflegung 157 Mark, für eine Ganztagsbetreuung 225 Mark.
Gibt es denn außer für die Sozialhilfeempfängern, die gar nichts bezahlen müssen, noch eine zusätzliche Staffelung der Beiträge für einkommensschwächere Eltern?
Eine Staffelung gibt es nicht. Die Grenze, ab der man nichts mehr bezahlen muß, liegt aber höher als der Sozialhilfesatz. Wer als leistungsfähig eingestuft wird, der muß zahlen, alle anderen zahlen nicht.
Und wo liegt diese Grenze?
Das wird nach dem Netto-Einkommen berechnet und ist sehr unterschiedlich. Da spielen viele Faktoren mit rein, von der Kinderzahl bis zu den Belastungen durch Kredite. Das Kindergeld wird dann abgezogen.
Wieviele Eltern sagen denn: Unsere Kinder können nicht in den Kindergarten gehen, weil wir die Beiträge zwar zahlen müssen, es aber nicht können?
Das wissen wir nicht. Was man sagen kann, ist, daß wir im Moment eine 85prozentige Nachfrage auf die angebotenen Kindergartenplätze haben. Das ist ähnlich wie in Bremen.
Die Datenschutz-Argumente des OVG, die zur Unterbindung der Bremer Beitragsordnung führten, zielten daraufhin, daß jeder, der nicht den Höchstsatz zahlen will, seine Einkommensverhältnisse offenlegen muß. Wieviele Leute sind das in Bremerhaven?
In Bremerhaven sind das ein Drittel der Eltern. Aber natürlich immer nur auf Antrag. Nur, wer meint, daß er den Einheitssatz von 225, bzw. 157 Mark nicht zahlen kann, muß dem Amt für Jugend und Familie seine Einkommensverhältnisse nachweisen.
Wieviel Leute auf Ihrem Amt sind damit beschäftigt?
Allenfalls zwei Leute.
Die Bremerhavener Grünen bevorzugen eine Staffelung der Beiträge nach Einkommen, weil dies sozial verträglicher ist: Was sagen Sie dazu?
Die Bremerhavener Beitragsordnung wird sowohl von den Eltern und den freien Trägern als auch von mir favorisiert. Wir wollten die Auseinandersetzungen, die in Bremen seit vielen Jahren um die Staffelung der Beiträge geführt werden, hier nie haben. Außerdem erreichen wir mit unserem Beitragsmodell einen zumindest gleichen, wenn nicht sogar höheren Kostendeckungsgrad als die Stadtgemeinde Bremen.
Wie hoch ist der?
Wir haben schon seit Jahren 15, wenn nicht sogar 16 Prozent Kostendeckung. Fragen: ritz
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