■ Nachschlag
: Saubere Erinnerungen an Singapurs Rotlichtviertel "Bugis Street"

Singapurs Stadtverwaltung droht allen, die z.B. in U-Bahnhöfen Zigarettenkippen wegschmeißen oder auf öffentlichen Toiletten nicht ordnungsgemäß spülen, mit hohen Geldstrafen. Die Folge ist eine beängstigende Sauberkeit, eine Art extremer Verwirklichung von Schönbohms Stadtvisionen. In Singapur verfügen Politiker zudem über ein Gesetzeswerk, das ihnen erlaubt, sämtliche anderen Bereiche des Lebens, einschließlich der Kultur, „sauberzuhalten“.

Kaum überraschend also, daß über Jahrzehnte kaum ein Film aus Singapur in der restlichen Welt zu sehen war. Und jetzt ausgerechnet „Bugis Street“, eine bunte Transvestiten-Komödie des aus Hongkong stammenden Regisseurs und Modefotographen Yonfan – was ist da bloß in der Zensurbehörde los? Der Film spielt in einem Hotel auf der legendären, aber längst „geschlossenen“ Bugis Street, dem Zuhause von schönen und lebenslustigen Drag Queens und deren Liebhabern: „Liebe ist wie dieses Hotel, Leute kommen und gehen in einem fort! Wenn sie nett behandelt werden, kommen sie wieder. Wenn sie nicht wiederkommen, dann sei nicht traurig, du bist deswegen nicht schlecht – sie möchten nur etwas Neues ausprobieren.“

In dieses geschäftige Etablissement verschlägt es die junge Landpomeranze Lian, die als Zimmermädchen in unansehnlicher Schlabbergarderobe von den Gästen allmählich in erotische Geheimnisse,

in eine Welt zwischen Höhenflügen und Depressionen eingeweiht wird. Leider hangelt sich die restliche éducation romantique der begriffsstutzigen Lian mühsam von Klischee zu Klischee, und zu allem Überfluß wird das Ganze zwischendurch auch noch in Briefform gegossen. Das Singapur der 60er Jahre scheint das sündige Bangkok spielen zu wollen, doch irgendwie will in der Studioatmosphäre von

heute keine wirklich verruchte Stimmung aufkommen. Die Sexspiele sind entweder klamaukig oder sportlich, die nächtlichen Vergnügungsbälle erinnern an Kinderkarneval, obwohl die Kleidung

der Gäste durchaus sehenswert ist: ein Meer von Pailletten, Straß und Federboas auf exzentrischen Körpern.

Doch diese tun leider nicht viel mehr als posieren bzw. in die Kamera sagen, daß sie für uns, die Zuschauer, gerade keine Zeit haben. Da fühlt man sich irgendwann gelangweilt – oder, wie im wirklichen Singapur, um das Eigentliche betrogen. „Bugis Street“ – ein Eintopf aus braven, westlichen Gay-Komödien, den die Zuschauer zur Abwechslung mal mit Stäbchen essen sollen. Dorothee Wenner

„Bugis Street“. Ab heute im Xenon, Schöneberg