Flucht aus häuslichem Streß ins heimelige Büro

Die Väter haben es ihnen vorgemacht, nun tun's auch die Mütter. In ihrer aufsehenerregenden Studie „The Time Bind“ (Der Zeitzwang) kommt die US-Soziologin Arlie Russell Hochschild zum Ergebnis, daß immer mehr gestreßte Mütter in Erwerbsarbeit flüchten, um lästigen familiären Pflichten zu entkommen. Wie schon zuvor die unwilligen Väter zitieren nunmehr auch sie die „neuesten pädagogischen Erkenntnisse“, es komme nicht auf die Quantität der Zuwendung zum Kind an, sondern auf die Qualität und Intensität.

„Wir leben in dem Glauben, daß die Familie Geborgenheit, Sicherheit und Erholung bietet. Und wir leben in dem Glauben, daß der Job Streß, Schikane und Termindruck bietet“, schreibt die US-Wissenschaftlerin. Doch inzwischen habe sich das Verhältnis genau umgedreht: Zu Hause herrsche Beziehungs-Dauerstreß, untermalt von Kindergeschrei, in modernen Unternehmen herrsche eine heimelige Atmosphäre.

Hochschild stützt ihre These auf 130 Interviews mit Angestellten eines US-amerikanischen Konzerns, der Wert auf moderne Managementmethoden und Teamwork legt. Die Frauen, die dort arbeiten, haben begonnen, ihr Familienleben zeitlich zu „optimieren“.

Den Hauptgrund für diesen weiblichen Sinneswandel sieht die Professorin darin, daß auch die Frauen „männliche“ Arbeit für wertvoller halten als „weibliche“: „Frauen haben die Sicht einer veralteten, männerorientierten Arbeitswelt übernommen. Männer haben dagegen viel weniger in die weibliche Welt Einzug gehalten.“ usche