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Gedenken als Alibi

■ Ostertorwache wird zum Designzentrum umgebaut: Der schöne Schein drängt die Erinnerungen an den Rand

Zwanzig Quadratmeter Horror: Ein Kellerloch, manchmal Einzelzelle, manchmal Haft für gleich ein Dutzend Gefangene. Viele haben hier gesessen. Zwanzig Quadratmeter Horror in der ehemaligen Ostertorwache, die zum Domizil von Wagenfeld-Stiftung und De-sign-Zentrum umgebaut wird. Zwanzig Quadratmeter, um die jetzt ein Streit entbrannt ist.

Auf der einen Seite: Ein Verein ehemaliger Häftlinge und der Viertel-Ortsamtsleiter Robert Bücking, die das Kellerverlies gern einer kleinen Gedenkstätte für die Nazi-Opfer im Erdgeschoß zuschlagen wollen. Auf der anderen Seite: Eine Allianz vom Wirtschaftssenator bis zu den neuen Nutzern. Die pocht ganz auf längst abgestimmten Umbau-Plänen, nach denen die Eckzelle im Keller ein schnöder Archivraum werden soll. Am Montag treffen sich VertreterInnen beider Seiten zum Ortstermin. Die Fragen: Wieviele Quadratmeter braucht das Gedenken? Und wer soll das bezahlen?

Vom Bremer Reformgefängnis zum Gestapo-Kerker zum Abschiebeknast. Die Giftmischerin Gesche Gottfried saß hier. In der nationalsozialistischen Diktatur der Vater von Henning Scherf. Lutz Bücking war eingekerkert, Sohn einer stadtbekannten Kommunistenfamilie, Vater von Robert Bücking. 50 Jahre später saßen dort Abschiebehäftlinge und warteten auf den Abtransport. Unter erbärmlichen Verhältnissen.

Jetzt werkeln da die Maurer. Längst ist verabredet, daß das Gedenken an die Nazi-Opfer nur sehr am Rande stattzufinden hat. Vier kleine Zellen im Erdgeschoß, ein schmaler Gang davor – das solls gewesen sein. In der neuen Ostertorwache soll der schöne Schein des Designs regieren.

Das liegt durchaus in der Tradition des Gebäudes, ärgert sich Ortsamtsleiter Bücking. „Genauso ist das Haus auch geplant worden. Zellen, die nach innen orientiert sind, und davor eine klassizistische Fassade.“Genau in dieser Tradition des Versteckens sieht er nun auch den Umgang mit dem Gedenken: „Unwürdig an den Rand gedrängt.“Daß der Gedenkverein und er selbst so spät mit ihren Vorschlägen kommen, sei „schon ein Problem, klar.“

Nicht nur deshalb geben sich die entscheidenden Stellen gegenüber den neuen Plänen für eine Gedenkstätte höchst reserviert. „Man muß einem solchen Anstoß schon nachgehen“, sagt Rainer Köttgen, bei der Bildungssenatorin für die Kultur zuständig. „Aber ich habe doch arge Zweifel, ob diese Kellerzelle so wichtig ist.“Es seien ja andere Zellen zugänglich, und außerdem gebe es die bindenden Absprachen. „Daß der Vorschlag so spät kommt, das macht meine Aufgeschlossenheit nicht so groß.“Schon gar nicht begeistert ist das Wirtschaftsressort. „Der Senator geht da am Montag hin, weil wir der Diskussion nicht aus dem Weg gehen wollen“, sagt Perschau-Sprecherin Susanne de Navarre. Aber die Linie des Ressorts sei klar: „Alles soll so umgebaut werden wie geplant.“

Dabei scheint der Wirtschaftssenator mit seiner harten Haltung vor allem auf einen zu zielen: Henning Scherf. Der hatte in einem Gespräch mit Perschau seine Sympathie für die Bückingschen Pläne durchblicken lassen. Susanne de Navarre: „Da vermuten wir mal wieder politisches Beliebtmachen. Ganz wie bei der Wehrmachtsausstellung.“ Jochen Grabler

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