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: Apocalypse now (und forever): Alan Vega in der Volksbühne

Vorschlag

Apocalypse now (und forever): Alan Vega in der Volksbühne

Soll es ja auch geben: Daß ein alter Meister nicht versucht, die guten alten Zeiten in Schlecht wiederauferstehen zu lassen. Oder sich als Klassiker mumifiziert oder einfach nur abkassiert. Der New Yorker Alan Vega ist zwar mittlerweile ein ziemlich alter, legendärer und sicher nicht reicher Sack, hat aber alles andere im Sinn, als als Schatten seiner selbst durch Provinz oder Waldbühne zu tingeln. Dafür ist er einfach noch zu produktiv.

Und außerdem war er zu der Zeit, die seine Legende begründet, gar nicht mal so berühmt, weil er – wie es genauso richtig wie blöd heißt – „seiner Zeit einfach zu weit voraus“. 1977 war es, als Vega und sein Partner Martin Rev ein Album in die Welt setzten, das sich bis heute keinen Moment verstaubt oder ranzig anhört. Damals regierte noch Punk, und Bands wie die New York Dolls, die Ramones oder Blondie prägten den Underground von New York.

Doch Vega und Rev hatten mit Suicide anderes im Sinn: Sie holten den Rock 'n' Roll als erste ins Zeitalter der Elektronik und setzten damit die Orientierungsmarke für so unterschiedliche Bands wie DAF, Depeche Mode, den belgischen EBM-Plunder oder Nine Inch Nails.

Rev bediente Keybords und Drum-Maschine, und Vega shoutete, stöhnte, ächzte und jauchzte seine Kurzgeschichten über amoklaufgende working class heroes wie Frankie oder all-American girls wie Cherie. Ein Monsterwerk, das die, die es hörten, in Angst und Schrecken, aber auch Verzücken versetzte, das seine Weihen nur allmählich und über die Jahre hinweg erhielt.

Vega stapfte dann später als Elektro-Elvis durchs Musikbusineß und stürzte mit dem Major-Album „Just A Million Dreams“ vollends ab (übrigens eine ziemlich klasse Platte, mit superseichtem Elektro-Pop!). Seit einigen Jahren nun produziert er zusammen mit seiner neuen Partnerin Liz Lamere regelmäßig Alben, die an Apokalyptik dem ersten Suicide-Album in nichts nachstehen: „You got a dream baby ... because that's all you got!“ Kalt, abwesend und bedrohlich stehen auf diesen Alben die Techno-Sounds von Lamere im Raum, und Vega hat stimmlich fast nichts von seiner Kraft verloren und präsentiert überzeugt und gewichtig „the sound of the future and our collective past“ (so sein Fan und neuer Labelboß Henry Rollins). Also nichts wie hin, zumal auch Alex Hacke und Die Haut sich vor Alan Vega verbeugen wollen. Mit Gitarren versteht sich. Gerrit Bartels

Ab 22 Uhr im Theatersaal der Volksbühne, Rosa-Luxemburg-Platz.