Lärm um den Lehrter Bahnhof

■ Illegale Bauarbeiten bis weit nach 24 Uhr und Überschreitung der Lärmgrenzwerte um 14 Dezibel wirft Tiergartens SPD-Baustadtrat der Bahn AG vor. AnwohnerInnen werden von Pontius zu Pilatus geschickt

Die Bewohner rund um den Lehrter Bahnhof haben die Nase voll. Die mit dem Bau des Tiergartentunnels beauftragte „DB-Projektgesellschaft mbH Knoten Berlin“ habe die zulässigen Lärm- und Staubbelastungen „erheblich überschritten“, empört sich Tiergartens Baustadtrat Horst Porath (SPD). Auch hätten diverse Beschwerden bei den zuständigen Behörden zu „keinen Veränderungen“ geführt.

Die unlängst vom Tiergartener Umweltamt durchgeführten Lärmmessungen ergaben eine Überschreitung der zulässigen Grenzwerte um bis zu 14 Dezibel, sowohl tagsüber als auch zu nachtschlafender Zeit.

Weiterhin würden die elf Baufirmen, die im Auftrag der Deutschen Bahn AG den neuen Lehrter Bahnhof bauen, „ohne Genehmigung illegal nachts arbeiten“, sagt Bezirkspolitiker Porath. Laut Aussagen der Anwohner „bis weit nach vierundzwanzig Uhr“. Das wirft der SPD-Politiker der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem an der Spree ansässigen Eisenbahnbundesamt (EBA), vor.

Für Mark Wille, Pressesprecher des EBA, ist der Vorwurf „unzutreffend“. Es gibt „eine Genehmigung für die Nachtarbeiten“, allerdings müssen „die Lärm- und Emissionsschutzvorgaben“ von der DB-Projektleitung eingehalten werden. Dort wiederum heißt es, daß es „nur an drei Tagen wegen eines Baufehlers zu nächtlichem Lärm“ gekommen sei. Man wolle sich aber im Juli erneut mit den Anwohnern am Runden Tisch treffen, um „Möglichkeiten zur Reduzierung des Lärms“ auszuloten und festzulegen.

Seit der Bau des Lehrter Bahnhofs 1995 begann, hat es immer wieder Beschwerden aus der Bevölkerung gegeben. Um gemeinsame Lösungen zu finden, treffen sich seit zwei Jahren Bauherren, Anwohner und Vertreter vom Bezirk Tiergarten am Runden Tisch. Weil es dort bisher „keinen Kompromiß“ gab, hat Bezirksstadtrat Porath jetzt mit einem offenen Brief die Initiative ergriffen.

Das Gefühl, daß die Bürger „verscheißert“ werden und sich „keiner wirklich zuständig“ fühlt, hat auch Werner Jaschke. Der Anwohner, der sich im Betroffenenrat Lehrter Bahnhof engagiert, ist nun selber aktiv geworden, „bevor ich Krebs habe oder erstickt bin“.

Den Beschwerdebrief Jaschkes hat das Eisenbahnbundesamt mit dem Verweis „nicht zuständig“ an den Senat für Umweltschutz weitergegeben. Dort ist man an „Lösungen“ und einem „vernünftigen Kompromiß zwischen Anwohnern und Bauarbeiten“ interessiert. Allerdings mit dem Hinweis, daß in diesem Fall das EBA allein zuständig sei. Karen König