■ Mit den NGOs auf du und du
: Der lange Marsch

New York (taz) – Vor fünf Jahren in Rio wußte kaum jemand, was ein Caucus ist. Jetzt jagt bei UN-Konferenzen einer den anderen. Ein Caucus – das tägliche Treffen von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) zu thematischen oder regionalen Schwerpunkten.

Im EU-Caucus in New York bereiten die europäischen NGOs ein Gespräch mit „ihren“ Ministern über die drei zentralen Themen des Rio+5-Gipfels vor: Finanzen, Wälder und Klima. Die EU-Regierungen wollen in New York eine Waldkonvention puschen, die NGOs sind dagegen. Sie stimmen ihre Argumentation für die Ablehnung ab: Es gebe ausreichend Regeln zum Schutz der Wälder, die nicht beachtet werden; eine Konvention würde die Rechte indigener Völker kommerziellen Interessen unterordnen.

Nicht T-Shirts, sondern Schlips und Kragen bestimmen das Bild. Hier sind versierte Verbandsfunktionäre am Werk: in ihren Spezialgebieten höchst sachkundig, viele von ihnen mit guten Beziehungen zu ihren Regierungsdelegationen.

Die in New York anwesende NGO-Gemeinde ist nur ein Segment des breiten Spektrums zivilgesellschaftlicher Kräfte, die sich auf dem NGO-Forum in Rio vor fünf Jahren tummelten. Präsent sind hier nur noch die relativ finanzstarken und lobbygläubigen Organisationen.

Sie haben sich seit Rio Partizipationsrechte erkämpft. Doch ihre Einflußmöglichkeiten sind nach wie vor minimal. Fast alles im verhandelten Abschlußdokument ist von den Regierungen längst festgeklopft. Susanne Breitkopf von „Rettet den Regenwald“ ist frustriert, daß alle NGO-Vorschläge schlichtweg ignoriert wurden.

Jeden Tag wird der Caucus- Terminkalender voller; die Koordination von Konzepten und Strategien kommt dabei jedoch zu kurz. Über das Mitmischen bei der Regierungspolitik sind den NGOs die zündenden Visionen und die Begeisterung, die in Rio herrschte, verdampft. Sie sind selten offensiv mit eigenen unangepaßten Positionen, dafür häufig handzahm. Die indische Umweltaktivistin Vandana Shiva ist deshalb nicht die einzige, die zur Besinnung auf andere Politikformen auffordert als die, „mit am Tisch sitzen zu dürfen“. Christa Wichterich