Leuchtkäfer als Helfer für ein Gen-Experiment

■ Im oberbayerischen Straß wollen Bielefelder Wissenschaftler einen Versuch mit gentechnisch veränderten Bakterien wiederholen. BürgerInnen wehren sich heftig

Neuburg/Donau (taz) – Aufruhr herrscht derzeit im oberbayerischen Landkreis Neuburg/Schrobenhausen: In dem kleinen Ort Straß soll im Sommer dieses Jahres das zweite bundesdeutsche Freilandexperiment mit gentechnisch veränderten Bakterien gestartet werden. Beantragt wurde der Versuch vom Genetiklehrstuhl der Universität Bielefeld. Diese Uni hatte bereits in den Jahren 1994 und 1995 den ersten bundesdeutschen Freilandversuch mit genmanipulierten Bakterien veranstaltet.

Diesmal sollen dieselben gentechnisch veränderten Bakterienstämme – sogenannte Rhizobien meliloti – auf ihr Verhalten in der Umwelt untersucht werden. Rhizobien leben im Wurzelbereich von Klee, Hülsenfrüchten und Wildkräutern und wandeln dort Luftstickstoff in organisch gebundenen Stickstoff um.

Wenig Verständnis für das erneute Freisetzen der bereits wissenschaftlich untersuchten Bakterienstämme haben örtliche Umweltgruppen und BürgerInnen. Nach Bekanntwerden der Gentech-Pläne Ende Mai gründeten die Freisetzungsgegner eine Bürgerinitiative. Ihre Hauptsorgen sind, daß die genmanipulierten Bakterien ins Grundwasser ausgespült werden und sich außerdem unkontrollierbar in der Umwelt verteilen. Auch der Leiter des Gen-ethischen Netzwerkes in Berlin – einer Koordinierungsstelle gegen Freisetzungen gentechnisch veränderter Organismen –, Hennig Strodthoff, findet es „sehr seltsam“, daß der Versuch nochmals angestellt werden soll. Die von den Forschern behauptete Notwendigkeit eines Folgeexperiments könne statt auf dem Acker auch in geschlossenen Systemen durchgeführt werden. Unterdessen strengen sich die Gentechniker aus Bielefeld an, die Vorbehalte gegen das Projekt zu zerstreuen.

Bei einem Anfang dieser Woche arrangierten Treffen mit Vertretern des Genetiklehrstuhls und BürgerInnen aus Neuburg und Umgebung begründeten die Wissenschaftler den Zweitversuch damit, daß erst ein Vergleich unter veränderten Standort- und Klimabedingungen allgemeingültige Ergebnisse ermögliche.

Um die gentechnisch veränderten Bakterien während des Experiments eindeutig identifizieren zu können, wurde den Bakterienstämmen das Leuchtstoffgen des amerikanischen Leuchtkäfers eingebaut. Diese Markierung soll genaue Aussagen darüber ermöglichen, wie sich die freigesetzten Bakterienstämme in ihrer Umwelt verhalten. Die im Labor gezüchteten Bakterienstämme sollen von Hand auf dem Gelände der Staatlichen Versuchsgüterverwaltung Freising in Straß ausgebracht werden. Kurt Schmid vom Bund Naturschutz München vermutet als einen Grund dieses Forschungsprojektes die industrielle Vermarktung gentechnisch veränderter Bakterien für einen späteren, großflächigen Einsatz in der Landwirtschaft und weist auf die Problematik von bereits festgestellten Antibiotikaresistenzen unter den Rhizobienstämmen hin.

Mit einem gestern eingereichten Dringlichkeitsantrag an ihre Landtagsfraktion wollen die Grünen aus dem betroffenen Landkreis auf das Vorhaben in Burgheim/Straß aufmerksam machen. Einwände gegen das Projekt können noch bis zum 25. Juli abgegeben werden. Manuela Knipp-Dengler