Museumsdirektor geschaßt

■ Direktor des Jüdischen Museums in Berlin gekündigt. Jüdische Gemeinde zieht Vergleich mit Nazipraktiken

Berlin (taz) – Fast genau vor drei Jahren holte der Kultursenat den israelischen Ausstellungsmacher Amnon Barzel (62) als Direktor des Jüdischen Museums nach Berlin und überschüttete ihn mit Lorbeeren. Niemand könne besser als er im Libeskindbau die Geschichte der Berliner Juden im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung und dem Bruch in der NS-Zeit kompetenter darstellen.

Mit diesem Lob für Barzel ist jetzt Schluß. Am Donnerstag erhielt er seine Kündigung, abgestimmt mit dem Berliner Kultursenator Peter Radunski (CDU) und dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Unterschrieben ist sie vom „Generaldirektor der Stiftung Stadtmuseum“, Rainer Güntzer, der, um seine Bedeutung zu unterstreichen, extra den Titel „Professor“ hinzufügte.

Die Kündigung „aus verhaltensbedingten Gründen“, so die Kulturverwaltung, treibt den seit Monaten andauernden Konflikt um das Konzept des Museums auf die Spitze. Während Barzel mit kräftigen Worten für eine weitgehende Autonomie focht, erließ der Senat im März 1997 eine Verordnung, die das Jüdische Museum endgültig zu einer Hauptabteilung im Stadtmuseum Berlin machte.

Die Jüdische Gemeinde protestierte, bestand auf der verwaltungstechnischen und kulturellen Autonomie und kündigte ihre Mitarbeit am „sogenannten“ Jüdischen Museum auf. Allerdings hatte sie sowieso keine Kompetenzen, denn der alles bestimmende Stiftungsrat des Stadtmuseums besteht nur aus zwei Personen: Dem Kultursenator und dem Generaldirektor.

Das Faß zum Überlaufen brachte Barzels Vorwurf: „Die Welt soll wissen: Berlins Politiker wollen gar kein Jüdisches Museum, sie verdienen keins.“ Der Sprecher der Kulturverwaltung, Wallrabenstein, begründete die Kündigung nicht nur mit unterschiedlichen Konzepten, sondern vor allem damit, daß Barzel „untragbar“ sei. Barzel lasse „keine Gelegenheit aus, den Senat schlechtzumachen“. Alle Angebote über einen freiwilligen Rückzug mit einer Abfindung habe er rüde ausgeschlagen. „Der Mann will den Kampf.“ Barzel bestätigte dies. Er verkündete, sich „ideologisch, politisch und juristisch zur Wehr setzen zu wollen“.

Einen Bündnispartner hat er schon. Die Jüdische Gemeinde reagierte auf die Kündigung überaus scharf. Der Vorstand erklärte, daß dieser Akt eine „Herabwürdigung“ des einen Tag zuvor gewählten Vorstands sei. Es habe keine Gelegenheit gegeben, über die Probleme zu reden. Dadurch dränge sich „der traurige Vergleich mit der finsteren Zeit zwischen 1933 und 1938 auf, in der jüdische Museumsdirektoren ihres Amtes beraubt wurden“.

Dieser Vergleich ist für den Berliner Senat eine neue Zumutung. Wallrabenstein: „Wir erwarten eine Entschuldigung. Man kann den Senat nicht mit den Nazis vergleichen. Auf diesem Niveau haben weitere Gespräche keinen Sinn.“ Wallrabenstein behauptet auch, daß der neue Gemeindevorsitzende Andreas Nachama vor zehn Tagen über die Kündigung informiert worden sei „und dies mit Verständnis aufgenommen habe“. Ein Krisengespräch zwischen Nachama und Radunski war für den gestrigen Nachmittag angesetzt. Anita Kugler