Hübsches Doppelpack

■ Sandra Strunz' amüsante „Käthchen von Heilbronn“-Inszenierung und Michael Bandts „Vögelgezwitscher“

Das Käthchen von Heilbronn von Heinrich von Kleist ist ein hübsches Theaterstück, aber ein bißchen doof: Starke Rittersleut' kämpfen um Land, Weib und Ehr', gute Frauen sind schlicht und haben einen Namen mit einem „-chen“hinten, und am Ende siegt die Wahrheit.

So etwas einfach nur zu spielen, traut sich glücklicherweise fast niemand heutzutage. Da müssen schon ein paar heftig herumturnendeMarionetten her. Oder man bastelt das Stück auseinander, schmeißt Teile weg und tut zeitgemäße Komik hinzu.

Für letztere Arbeitsweise hat sich Sandra Strunz mit ihrem Käthchen entschieden, das am vergangenen Wochenende beim Festival Die Wüste lebt Premiere feierte. Offensichtlich ist diese Methode beliebt bei jungen Hamburger Regisseuren, denn mit einer ähnlichen Idee begann auch der erste diesjährige Wüste-lebt-Abend, das Stück hieß Antigone Gone.

Sandra Strunz reduziert das Käthchen-Personal auf vier Leute: Neben der Titelfrau sind nur der Graf vom Strahl, Knecht Gottschalk und die böse Kunigunde anwesend. Die sind alle recht hübsch und ziemlich doof, sie zappeln und stottern witzig herum und erinnern uns daran, daß Theater etwas mit Spielen zu tun hat. Daß es der Regisseurin auch darum geht, Menschen darzustellen, die nicht miteinander kommunizieren können und die unfähig sind, verantwortlich zu handeln, bleibt da eher nebensächlich. So ist die Geschichte auch hier wirklich sehr hübsch, aber ziemlich doof – eine werktreue Inszenierung also und dennoch äußerst unterhaltsam. Wenn das keine Leistung ist!

Anschließend, in der 22-Uhr-Vorstellung, spielten die urkomische Verena Unbehaun und der ebensolche Stefan Pickel Vögelgezwitscher in der Regie von Michael Bandt. In dem ganz kurzen, jungen Stück von Marc Becker geht ein Paar im Wald spazieren, das – siehe oben – nicht weiß, wie Kommunikation geht. Sie wissen nicht, woher und wohin mit ihren Gefühlen, bewegen sich lächerlich und reden wenig. Aber wenn sie reden, dann kommen nette Sachen heraus wie: „Es gab einmal eine Zeit, in der man das Gefühl hatte, es folge eine weitere. So eine Zeit ist jetzt auch.“

Und wenn Helge Schneider Theater machen würde, dann wären seine Stücke ungefähr so.

Nun ist zwar die Wüste noch lange nicht tot, aber das Nachwuchs-Regie-und-Schauspieler-Festival „Die Wüste lebt“in den Kammerspielen ist für dieses Jahr vorüber. Schön war's – ein buntes, mutiges Festival und ein lustiger Abschlußabend mit Theater im Doppelpack für nur zwanzig Mark. Mehr davon bitte dringend im kommenden Jahr.

Nele-Marie Brüdgam