Berisha gesteht seine Niederlage ein

Bei den Parlamentswahlen in Albanien liegen inoffiziellen Angaben zufolge die Sozialisten vorne. Die OSZE spricht trotz einiger Probleme von einem akzeptablen Verlauf  ■ Aus Tirana Barbara Oertel

Die Ära der Demokratischen Partei von Staatspräsident Sali Berisha scheint zu Ende zu sein: Gestern mittag gestand der Staatschef die Niederlage seiner Partei bei den Parlamentswahlen am Sonntag ein. „Wir haben verloren. Von nun an werden wir Opposition sein“, sagte Berisha. Er ließ jedoch zunächst offen, ob er nun als Präsident zurücktreten wird.

Der Rücktritt Berishas ist die Hauptforderung der Aufständischen im Süden des Landes. Sozialistenchef Fatos Nano, dessen Partei inoffizellen Angaben zufolge in Führung liegt, sagte gestern, er erwarte, daß Berisha im Falle einer Niederlage seiner Partei zurücktritt. In Albanien wird der Präsident vom Parlament gewählt.

Bereits gestern morgen hatte die Volksseele vor dem Sitz von Berishas Demokratischer Partei (DP) gekocht. Rund 200 Menschen belagerten das Gebäude im Zentrum der albanischen Hauptstadt Tirana und warteten ungeduldig auf neue Informationen. Das Wort von Wahlbetrug und Manipulation machte die Runde. „Die Sozialisten haben in 23 Wahlkreisen die Stimmzettel gestohlen, wir müssen noch einmal wählen“, schrie ein Mann und erhob drohend die Faust. Unter Rufen wie „Ausländische Journalisten helfen den Kommunisten“ prügelten Umstehende auf einen italienischen Kameramann ein, rissen ihm den Film weg und zerstörten die Ausrüstung. Zuvor waren zwei Kameraleute des französischen Fernsehsenders Antenne 2 beschossen und mit Gewehrkolben geschlagen worden. Am frühen Nachmittag wurde in Tirana ununterbrochen geschossen.

Nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, verliefen die Wahlen angemessen und akzeptabel. Die OSZE-Wahlbeauftragte Catherine Lalumière sagte gestern in Tirana, es habe zwar einige schwerwiegende und weniger schwerwiegende Probleme gegeben. Doch insgesamt sei der Wunsch der Albaner nach einer demokratischen Zukunft zum Ausdruck gekommen.

Die ersten offiziellen Ergebnisse sollen heute von der Zentralen Wahlkommission bekanntgegeben werden. Unbestätigten Angaben zufolge soll die Sozialistische Partei (Exkommunisten) 62 von insgesamt 115 Direktmandaten gewonnen haben. Die Angaben der Demokratischen Partei schwankten zwischen 18 und 25 gewonnenen Direktmandaten. In Tirana sollen von 15 Wahlzonen 11 an die Sozialisten gegangen sein, über die restlichen 4 müßte dann am kommenden Sonntag in einer Stichwahl entschieden werden.

Für den amtierenden Chef der Übergangsregierung, Bashkim Fino, der in Kucova, rund 120 Kilometer südlich von Tirana, angetreten war, wurden 92 Prozent der Stimmen als Ergebnis angegeben. Glaubt man den Informationen, dann hat auch der Chef der Sozialisten, Fatos Nano, die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung in seinem Wahlkreis hinter sich: Er soll in Tepelena 89 Prozent der Stimmen gewonnen haben. Die Wahlbeteiligung lag nach Schätzungen der Wahlkommission bei knapp 65 Prozent. Ein Ergebnis über das ebenfalls am Sonntag abgehaltene Referendum zur Wiedereinführung der Monarchie lag gestern ebenfalls noch nicht vor.