Trau bloß niemals einem Küchenquirl

■ Von der Innigkeit zwischen Mensch und Hocker, von hergelaufenen Poetessen und zähnefletschenden Großdichtern: Die Hamburger Schriftstellerin Tina Uebel - Ein Portrait

Er liebt sie nicht. Sie fürchtet ihn. Greift er sie an, in einer grausamen Attacke, heimlich und nachts, und hackt sie in Stücke mit seinen scharfen Messern? Tina Uebels Küchentrilogie, veröffentlicht im Sammelband Ytong, verdanken wir die Erkenntnis, daß Mixer Miststücke sein können, denen es an Respekt vor ihrem Besitzer mangelt. Im Bund mit den anderen heimtückischen Küchengeräten beginnen sie zu intrigieren, sobald wir ihnen den Rücken zudrehen. Wahre Freundschaften können dagegen zwischen Menschen und Hockern entstehen, denn Hocker sind geduldig und ertragen das menschliche Gehocke ohne Murren und Zicken.

Tina Uebels Geschichten sind oft komisch und absurd, aber festlegen will sie sich nicht. Einmal ins Fach „lustig“einsortiert, für immer Witze reißen zu müssen? Bitte nicht. Wichtiger als Genre-Schubladen ist für sie ihr Handwerkszeug, die Sprache, und wer ihre Texte liest, wird das Motto schnell merken: Kurz ist gut und lang auch, solange es nicht langweilig wird.

Ihre Texte sind in einigen Sammlungen erschienen, von denen Ponal und Ytong aus dem Verlag Edition 406 die bekanntesten sind, und sie ist auf den Bühnen der Hamburger Poetry Slams zu hören.

Das Schreiben ist nicht ihre einzige Beschäftigung. Die 28jährige studiert Illustration an der Armgartstraße und ist Mitgbegründerin der Edition 406 und von Hamburg ist Slamburg.

Zusammen mit Boris Preckwitz steht sie einmal monatlich auf der Bühne im Foolsgarden und bietet dahergelaufenen Poeten die Möglichkeit, sich dem Urteil des Publikums zu stellen. Das wird gebührend honoriert: Das Foolsgarden ist regelmäßig brechend voll, wenn der Poetry Slam auf dem Programm steht. Doch auch wenn es manchmal zeitlich knapp wird: Tina Uebel sieht sich in erster Linie als Autorin.

Darum schreibt sie Kurzgeschichten, und wenn eine Frau solches tut, heißt sie Schriftstellerin. Soweit wäre alles klar, die Assoziationskette vorgezeichnet: am Anfang steht das stille Kämmerlein, tiefe Gedanken und lange Jahre der einsamen Entbehrung, in denen die Autorin ihr Ego und ihren Charakter festigt. Dann entsteht ein großer Roman, und am Ende winkt der Literaturnobelpreis. Wogegen ja nichts einzuwenden ist, aber Schreiben und Lesen, Vorlesen und Zuhören machen auch im Vorfeld von eventuellen literarischen Meisterwerken Spaß. Man muß nur die olympische Blockade überwinden und anfangen zu arbeiten.

Viele Dichter tun sich schwer damit, denn die Etikettierungen als Genie oder Niete kleben an LiteratInnen zäher als an allen anderen Kunstschaffenden. Es gibt ja genügend Großpoeten und gar die ein oder andere Edeldichterin, die ihre Elitestellung mit Zähnen und Klauen verteidigen.

Sollen sie doch. Zum Glück gibt es auch die anderen, die einfach ausgehen und Spaß mit Worten haben wollen, sei es, daß sie eigene Texte aus der Schublade holen, sei es, daß sie zuhören wollen. In Hamburg geht's, und Tina Uebel gehört zu denen, die es möglich machen.

Barbora Paluskova