Bitte einmal feige zurücklächeln

■ Uninspirierte Bezirksliga-Schau: Die letzte Runde der Kunststreifzüge im Kunsthaus

Kühn und mutig hätte es werden können. Immerhin ist die letzte Runde der von NDR geförderten Kunststreifzüge einzig der Zeichnung und der Malerei gewidmet. Ein Anachronismus, der sich gegen jeden Zeitgeist richtet und das Zeug zum Affront gegen die Medialisierung der Kunst selbst hat. Aber leider mangelt es der Ausstellung an Innovationen und Mut zu konstruktiver Opposition.

Mit Florian Köhler, Achim Hoops, René Havekost, Peter Paul, Dieter Glasmacher und Roland Helmus sind sicherlich nicht die schlechtesten Vertreter ihrer Gattung vertreten. Aber eine Ausstellung ohne verbindende Kuratoren-Augen birgt ihre Schwierigkeiten: Wenn die Künstler selbst ihre Lieblingsarbeiten präsentieren, kann man etwas über ihr Selbstverständnis erfahren. Aber „miteinander verschnitten“- so Kunsthaus-Geschäftsführer Klaus Mewes - verkaufen sich die einzelnen Ausstellungen unter Wert. Die Kunststreifzüge geraten so statt zu einer regionalen künstlerischen Innenschau, schnell zu einer uninspirierten Bezirksliga-Präsentation. Und eines wird hier schnell deutlich: man möchte lediglich mit der Kunst für eine Sendeanstalt werben, sich aber nicht durch die Schwierigkeit einer künstlerischen Behauptung mit dem Zeitgeist reiben. Und das ist schade.

Wenn Achim Hoops seine gebundenen Zeichnungen auf einem Tisch ausstellt, ist darin Wegweisendes. Die Zeichnung als ursprünglichstes aller künstlerischen Mittel fordert den Betrachter zum intensiven Eintauchen in die Materie. Das Blättern bleibt uns nicht erspart, und damit sind wir schon in Hoops Thema selbst gelandet. Der Betrachter soll übersehene Strukturen von Mensch und Stadt wahrnehmen. „Die Zeichnungen sind der Versuch, diese vagen Erinnerungen an Dinge und die mit ihnen verbundenen Empfindungen als Bild zu formulieren ... Letztlich ist das Ziel also, das Leben nachvollziebar zu interpretieren“, schreibt der Künstler im Katalog.

Dieter Glasmacher erweitert diese Haltung, wenn er schreibt: „Ich bin ein Erzähler.“In seinen Bildwerken, die die Fragilität der Zeichen dokumentieren, kann der Betrachter die Willkür postmoderner Kunstrezeptionen ins eigene Handbuch geschrieben bekommen. Der ehemalige Edwin-Scharff-Preisträger (1980) und Fachhochschulen-Professor weiß die Not der Zeit nicht nur in seinen Graffiti-Kürzeln aufzuspüren, sondern zudem angemessene Worte in seine komplexen Malgründe einzuschreiben: „Ohne Luft ohne Tag ohne Erde ohne Licht ohne Wärme - gib uns Wasser“ist auf einem Bild zu lesen. Dieser Wut auf substanzielle Mängel der Zeit begegnet er selbst mit einem ebenso mokanten wie subversiven „Wir lächeln zurück“.

Er und sicherlich auch Glasmacher hätten eine formal und thematisch gegliederte Ausstellung verdient. Und in schlauer Kombination mit Werken von Jürgen Albrecht, Michael Dörner und Gustav Kluge hätte es eine richtig sinnliche Angelegenheit werden können.

Gunnar F. Gerlach

bis 3. August, Kunsthaus, Klosterwall 15, Di-So 11-18 Uhr, Do bis 21 Uhr