„Super-Marianne“ macht das Spiel ihres Lebens

■ Das 5:0 von Norwegens Fußballerinnen über Dänemark zum EM-Auftakt weckt das Interesse des Gastgeberlandes: Nun wird es für das DFB-Team noch schwerer

Moss (taz) – Ein laues Lüftchen wehte, es war angenehm warm, aber nicht heiß, als Norwegens Fußballerinnen gestern von Oslo aus per Auto und Fähre ein paar hundert Kilometer in den Süden reisten. Auf einer Insel bei Frederikstad besuchte frau ein Soccercamp, um dort mit den Mädchen ein bißchen zu kicken. War das nicht etwas stressig? Nein, sagte Trainer Per Mathias Hogmo, das sei ideal, „damit wir unseren Kopf freihalten“.

Tags zuvor hatte die Weltmeisterin und EM-Turnierfavoritin Norwegen zum EM-Auftakt den skandinavischen Nachbarn Dänemark mit 5:0 abgefertigt. 4.221 Leute hatten zugeguckt, wie Stürmerin Marianne Pettersen allein vier Tore erzielt hatte. „Das war das Spiel meines Lebens“, jauchzte sie. Nun sind die Erwartungen dementsprechend. „Wir haben viel getan, nun müssen wir uns wieder aufladen“, sagte Petterson.

Im Mannschaftsquartier in Oslo saßen die Deutschen und sahen am Fernseher, was morgen (20 Uhr) in Moss auf sie zukommt. „Wir sind nicht chancenlos. Das wird ein völlig anderes Spiel“, sagt zwar DFB- Trainerin Tina Theune-Meyer, doch nachdenklich ist sie schon geworden. Die Deutschen hatten nämlich beim 1:1 gegen Italien nicht nur Probleme mit italienischer Härte (fünfmal gelb und einmal gelb-rot) offenbart, sondern sich auch nicht in der Lage gezeigt, auf die Dezimierung des Gegners taktisch zu reagieren.

Warum nicht? „Das verstehe ich auch nicht“, sagte Kapitänin Martina Voss, „wir hätten einfach mehr Druck entwickeln müssen.“ Zwar spielt das Team unter Anleitung von Theune-Meyer taktisch flexibler als noch beim verunglückten Olympiaturnier mit ihrem Vorgänger Gero Bisanz. Auch hat frau mit der Dribblerin Maren Meinert hinter den Frankfurter Angreiferinnen Smisek und Prinz drei Qualitäts-Offensivkräfte, doch klappte deren Zusammenwirken kaum einmal wie beim 1:0, als Voss geflankt hatte, Smisek abgelegt und Meinert getroffen.

Für die Deutschen wird es noch schwieriger, als kalkuliert, weil der 5:0-Erfolg der Gastgeberinnen nun auch die Öffentlichkeit mobilisiert. „Super-Marianne“ titelte Dagbladet gestern auf Seite 1. Im kleinen Fußballstadion von Moss werden morgen 10.000 Gäste erwartet, um der Vorzeigespielerin Heidi Store (32) beim 150. Länderspiel zuzusehen. Das norwegische Team hat zwar wie die Deutschen einen neuen Coach, doch statt eines großen Schnitts sukzessive sparsam neue Kräfte zugeführt. Neun Spielerinnen, die gegen Dänemark dabeiwaren, standen im Olympia- und WM-Finale 1995.

Eine davon, die Stürmerin Linda Medalen (32), hat gesagt, es handele sich gegen die Deutschen „um ein vorweggenommenes Endspiel“. Das Spiel hat Final-Tradition. Medalen sagt, sie hoffe die Deutschen auf jeden Fall im Endspiel ein zweites Mal zu treffen. Als die nach dem Italien-Spiel vom Platz schlichen, tönte aber aus den Lautsprechern bereits „time to say goodbye.“ Rainer Hennies