Das Portrait
: Letzter Kampf eines Guerilleros

■ Enrique Gorriarán Merlo

Der Kampf für Enrique Gorriarán Merlo, den letzten argentinischen Guerillero, ist zu Ende. Am Mittwoch verurteilte ihn ein Gericht in Buenos Aires zu lebenslanger Haft. In Enrique Gorriarán Merlo stecken gut zwei Jahrzehnte lateinamerikanischer Guerillakampf. Ende der 60er Jahre schloß er sich dem Revolutionären Heer des Volkes (ERP) an, um gegen den argentinischen Diktator General Ongania zu kämpfen. Das ERP war der bewaffnete Arm der Revolutionären Arbeiterpartei (PRT), einer eher trotzkistisch orientierten Gruppe, die sich in der Tradition Ernesto Che Guevaras sah. Diejenigen, die Gorriarán erlebt haben, sprechen ihm eine theoretisch Grundlage ab. In den 70er Jahren stieg Gorriarán zu einem der Führungsmitglieder des ERP auf.

Während der Militärdiktatur in Argentinien (1976-1983) ließ das Militär viele PRT-Aktivisten verschwinden. Das ERP war eine der Gruppen, die sich mit Waffen der Diktatur widersetzten. 1979 ging Gorriarán nach Nicaragua. Mit den Sandinisten kämpfte er gegen Anastasio Somaza und gehörte später zu dem Guerillakommando, das den Diktator 1980 in Paraguay erschoß.

Später kehrte er nach Argentinien zurück und wurde politischer Sekretär der Bewegung Alle Fürs Vaterland (MTP). Auch in dieser Organisation vertrat er stets eine militärische Position, die sich nach dem Ende der Militärdiktatur durchsetzte. 1989 leitete er den Angriff des MTP auf die Kaserne La Tablada, das stärkste Regiment der argentinischen Armee.

Die Guerilleros besetzten die Kaserne und nahmen Geiseln. Bei der Befreiungsaktion durch die argentinische Armee starben 39 Menschen. Die Besetzung von La Tablada wurde damals von der argentinischen Linken stark kritisiert. Nach dem Ende der Militärdiktatur traten sie für gewaltfreie Lösungen der Probleme ein.

Auf wundersame Weise wurde Gorriarán bei der Erstürmung der Kaserne nicht gefangengenommen. Er entkam, als das besetzte Gelände von der Polizei umstellt wurde. Angeblich hielt er sich während der Erstürmung außerhalb des Arreals auf. Ebenfalls unbekannt ist, wie er dann nach Mexiko gelangte. 1995 wurde er von der mexikanischen Polizei und dem argentinischen Geheimdienst in Mexiko verhaftet und nach Argentinien gebracht. In seiner Prozeßerklärung sagte der heute 55jährige: „Hätte ich Menschen gefoltert oder verschwinden lassen, wäre ich heute in Freiheit.“ Ingo Malcher