„Im Grunde ist nichts passiert“

■ Heinz Georg Müller, Bürgermeister im brandenburgischen Herzsprung, hat eine rechtsradikale Veranstaltung genehmigt

taz: Warum wollten Sie Rechtsradikalen etwas Gutes tun?

Heinz Georg Müller: Mich haben zwei Jugendliche gefragt, ob sie am See Geburtstag feiern dürfen. Daß da Rechtsradikale dabeisein sollten, wußte ich nicht. Mein Sohn hat auch fast Glatze, die rennen heute doch alle so herum. Da kann ich nicht sagen, das sind Rechte oder Linke.

Was haben Sie gemacht, als Sie am Abend merkten, daß die Situation am See eskaliert?

Ich bin zu den Jugendlichen hin, damit sie ruhig sind. Aber einen Augenblick später wurde ich durch die Polizeischilde durchgezogen, zu Boden geworfen und in Handschellen gelegt.

Hatten Sie das Gefühl, die Polizisten gingen besonnen vor?

Die haben die Situation aufgeheizt. Die standen mit Gummiknüppeln da und schlugen auf ihre Schilde ein.

Und die rechtsradikale Musik haben Sie nicht gehört?

Als ich ankam, habe ich was von brauen Bataillonen gehört. Aber ich kann nicht einordnen, ob das Lied verboten ist oder nicht.

Auf die Polizisten flogen auch Bierflaschen, es wurde mit Leuchtmunition geschossen.

Ich habe die Schüsse mitbekommen. Aber die Musik war ziemlich leise. Der Einsatz dagegen war völlig überzogen. Wenn dieser Einsatzleiter mich informiert hätte, wäre ich ins Zelt gegangen und hätte diese Bänder von den Jugendlichen bekommen. Der Einsatzleiter hätte die Namen von den Besitzern aufnehmen und eine Anzeige machen können. Das Ding wäre ganz problemlos abgelaufen.

Warum hat die Polizei so reagiert?

Die sah das als Übung an.

Glatzen jagen?

So in etwa. Eine Woche vorher haben sie das auch an einem anderen See gemacht, im Nachbarort.

Ihre Region hat aber doch Probleme mit Rechtsradikalen.

Mit Sicherheit. Aber dieser Einsatz war nicht dienlich, dies abzubauen. Im Gegenteil. Nächstes Mal denken die Jungs: Wir müssen Baseballschläger mitnehmen, damit wir uns wehren können.

Wie ist die Stimmung heute im Dorf?

Die sagen, wenn nicht die Übermacht gekommen wäre, wäre nichts passiert. Und passiert ist ja auch nichts. Gut, es sind Straftaten, wenn einer mit der Waffe hantiert. Aber im Grunde ist nichts passiert. Interview: Annette Rogalla