Die Nato-Begeisterung hält sich in Grenzen

■ Die Rumänen erwärmen sich für den Beitritt, die Slowaken läßt die Nato kalt

Skepsis in Ungarn, enttäuschte Begeisterung in Rumänien, Schwanken und Unwissenheit in der Slowakei und Bulgarien. Auf diesen Nenner läßt sich die Haltung der Menschen in den vier osteuropäischen Ländern bringen.

Mit dem Nato-Beitritt Ungarns geht zwar eine langjährige Zielstellung fast aller ungarischen Politiker in Erfüllung, doch die Euphorie der meisten Ungarn darüber hält sich in Grenzen. Manche Alten erinnern sich bitter daran, daß während der sowjetischen Invasion bei der antikommunistischen Revolution von 1956 Hilfe aus dem Westen ausblieb, obwohl der damalige Ministerpräsident Imre Nagy einen Aufruf gesandt hatte. Die Mehrheit fürchtet heute schlicht die Kosten der Nato-Aufnahme. Nach drei Jahren sozialistisch-liberaler Wirtschaftsreformen und Sparpolitik geht es ökonomisch nur ganz langsam aufwärts. Um aber die Kosten des Nato-Beitritts zu bezahlen, müssen die Verteidigungsausgaben in den nächsten Jahren wesentlich erhöht werden. In den letzten Monaten sackte die Zustimmung für einen Nato-Beitritt in Ungarn zeitweilung unter 50 Prozent, derzeit liegt sie knapp darüber.

Ganz anders dagegen Rumänien: Mehr als drei Viertel der Leute sprechen sich begeistert für einen Nato-Beitritt aus. Weitaus mehr als um Sicherheitsfragen geht es dabei darum, in der westlichen Welt endlich als gleichberechtigter Partner anerkannt zu werden. Um so herber ist die Enttäuschung vieler, daß Rumänien nicht zu der Gruppe der ersten neuen Nato-Mitglieder gehören wird. Schuld daran sind in erster Linie die letzten sieben Jahre reformfeindlicher, neokommunistischer Herrschaft des ehemaligen Staatspräsidenten Ion Iliescu, die erst letzten Herbst endeten.

Eher ungerührt dürfte der Nato-Gipfel in Madrid die meisten Menschen in der Slowakei und Bulgarien lassen. Für die beiden Länder war längst klar, daß ihre Nato-Aufnahme vorerst nicht in Frage kommt. Die Slowakei trägt zwar seit längerem verbal ihren Wunsch nach einer Nato-Mitgliedschaft vor, die Mitglieder der autoritär-nationalistischen Regierungsallianz um Premier Vladimir Mečiar lehnen eine Nato-Mitgliedschaft in Wirklichkeit jedoch ab oder bemühen sich nicht darum, ihre Vorbedingungen zu erfüllen. Ausdruck dafür war ein Nato-Referendum Ende Mai, das wegen einer Beteiligung von weniger als zehn Prozent der Stimmberechtigten für ungültig erklärt wurde.

Bulgarien hingegen hat erst seit diesem Frühjahr, als die antikommunistische Opposition durch vorgezogene Wahlen an die Macht kam, seinen Wunsch nach einem Beitritt erklärt. Die bis dahin regierenden Sozialisten sprachen sich gegen eine Mitgliedschaft aus. Aber selbst wenn in Sofia mehr Einheit herrschte – ein Nato-Beitritt kommt in den nächsten Jahren kaum in Frage, gilt das Land doch neben Albanien als eines der politisch und ökonomisch instabilsten auf dem Balkan. Keno Verseck, Bukarest