Genosse Lehrer bekommt recht

■ Ehemalige DDR-Staatsbedienstete klagen vor dem Verfassungsgericht erfolgreich gegen ihre Entlassung

Karlsruhe (AFP/taz) – Das Bundesverfassungsgericht hat die Sonderkündigungsvorschriften im Einigungsvertrag erneut für Rechtens erklärt, den Klagen von fünf ehemaligen DDR-Staatsdienern gegen ihre Entlassung wegen zu großer Nähe zum SED-Regime jedoch stattgegeben. Die Verfassungsrichter begründeten ihr gestern in Karlsruhe verkündetes Urteil damit, daß „die verfassungsrechtlich gebotene Gesamtwürdigung der Persönlichkeit“ der Mitarbeiter nicht beachtet worden sei. Das Verfassungsgericht hob gegenteilige Entscheidungen von Arbeitsgerichten auf und verwies die Fälle zur erneuten Prüfung an die Vorinstanzen zurück. Über diese Einzelfälle hinaus hat die Entscheidung des Ersten BVerfG-Senates rechtlich keine grundsätzliche Bedeutung: Zehntausende aus dem DDR-Staatsdienst Entlassene haben damit endgültig keinen Anspruch auf die Wiederaufnahme ihrer Verfahren.

Drei der insgesamt acht Kläger scheiterten allerdings mit ihren Verfassungsbeschwerden, darunter der ehemalige Rektor der Humboldt-Universität in Berlin, Heinrich Fink. Das BVerfG stellte bei ihm sowie bei einem weiteren Dozenten der Uni und einem Schuldirektor, der eine SED-Parteikarriere durchlaufen hatte, bei der Würdigung der vorinstanzlichen Urteile keinen Verstoß gegen die Grundrechte der Kläger fest. Fink, dem vorgeworfen wurde, jahrzehntelang Stasi-Spitzel gewesen zu sein, kündigte nach dem Urteil an, vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof zu klagen.

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