Knoten bei der Telekom geplatzt

■ Kunden kommen nicht ins Internet. In Großstädten sind die Telekom-Knotenrechner zusammengebrochen

Hannover/Berlin (taz) – Es war wie früher bei der Post. Weit über hunderttausend Kunden der Telekom sitzen seit gestern ratlos vor ihren Computern. Auf dem Bildschirm stehen unverständliche Fehlermeldungen. Nichts rührt sich mehr, kein Anschluß unter der Nummer, unter der bisher bei T-Online, dem Onlinedienst der Telekom, das fabelhafte Internet erreichbar war. In den Großstädten und den Ballungsräumen sind die Telekom-Rechner zusammengebrochen.

Ausgerechnet die Informationselite fühlt sich diesmal von Ron Sommers High- Tech-Firma im Stich gelassen. In Hochglanzwerbung verpackt, liefert der Onlinedienst des Staatsmonopolisten seit Anfang des Monats neue Programme aus, mit denen die Benutzung des Hausnetzes sowie des Internets einfacher werden soll. Vor allem die attraktiveren Adressen im World Wide Web außerhalb Deutschlands sollten wesentlich schneller als bisher angewählt werden können. Nach der Installation der Telekom-Software war aber plötzlich nicht einmal mehr das eigene Bankkonto erreichbar, das die Kunden von T-Online besonders gern von ihrem Heimcomputer aus verwalten. Auch der elektronische Briefkasten war versperrt.

Lediglich die Telefonrechnung kletterte in die Höhe. Verzweifelt versuchten manche stundenlang, sich in das Computernetz einzuwählen, auf das heute oft aus beruflichen Gründen nicht mehr verzichtet werden kann. Technisch Versierten gelang es auf Umwegen immerhin, eine Verlautbarung der Techniker des Onlinedienstes an die „Lieben Teilnehmer“ auf den Bildschirmn zu holen. Sie überrascht mit der Mitteilung, „daß es gar nicht so einfach ist, ins Netz zu kommen“. Wohl wahr. Im schönsten Fachchinesisch fährt der Text fort, daß es nie verkehrt sei, die eigenen „Zugangsdaten“ zu überprüfen. „Aber vermutlich sind die Zugangsdaten richtig, Ursache der Fehlermeldung ist, daß sie von dem angewählten Zugangsknoten nicht identifiziert werden können“.

T-Online zählt insgesamt 1,6 Millionen Kunden. Die Störfälle häuften sich bisher nur in den Großstädten und Ballungszentren. Etwa zehn Prozent der Anschlüsse seien betroffen, schätzt die Telekom. Die neuen Rechner waren nur in Kleinversuchen getestet worden und brachen unter dem konzentrierten Ansturm zusammen. Man arbeite mit Hochdruck an einer Lösung, verspricht die Mitteilung. Dem Kunden wird empfohlen, doch die alte Software für den Datex-J-Zugang zu nutzen.

Ein schwacher Trost. Telekom-Sprecher Lammers hofft, das neue System könne „noch im Laufe dieser Woche stabilisiert“ werden. Die Auslieferung der neuen Kundensoftware ist in den Ballungsräumen vorerst gestoppt worden. Die Kosten des Schadens können noch nicht abgeschätzt werden, Lammers macht sich aber schon mal auf etliche Schadenersatzforderungen gefaßt. „Wir werden dafür eine kundenfreundliche Lösung“ finden, verspricht er und empfiehlt bis auf weiteres, die Telefonrechnung zu schonen: „Wenn es dreimal mit dem Einwählen nicht geklappt hat, sollte man lieber eine längere Pause machen.“ Denn auch die dauernden Anwahlversuche belasteten die Rechner erheblich. Jürgen Voges/nh

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