Klagen statt Knutschen

Hansa-Kino gegen Columbia TriStar: Weil ein Liebesfilm floppte, steht nun die Verleihpraxis des Filmgiganten vor Gericht  ■ Von Birgit Glombitza

Sie kriegen sich. Sie kriegen sich nicht. Das Gänseblümchenzupfen um die Paarungen auf der Leinwand gilt zumeist als Kassenklingler. Und vor dem Start des Films Vier lieben dich freute sich der Verleih Columbia TriStar schon auf all die Pärchen, die zum Knutschen ins Kino stürmen sollten. Doch die Filmküsse von Andie MacDowell und Michael Keaton blieben ein einsames Ritual im Bergedorfer Hansa-Kino.

Gestern nun bot Vier lieben dich zum zweiten Mal Anlaß für einen Termin vor dem Hamburger Landgericht. Zum ersten Mal seit den 50er Jahren stemmt sich ein Kino gegen einen Verleihgiganten. Denn schon wenige Tage nach dem Filmstart am 31. Oktober vergangenen Jahres war dem Hansa klar, der Film muß aus dem Programm. Laut Vertrag mit Columbia sollte er jedoch drei lange Wochen leere Sitzreihen beflimmern. Ein einseitiges Vergnügen, das sich ein Multiplex-Kino leisten kann. Kleinen Kinos sitzen solche Lauffristen wie ein Fluch im Nacken. Das Hansa stoppte den Film. Der Verleih strafte den Ungehorsam prompt und liefert seit Oktober keine Kopien mehr an das Kino der Tontorra GmbH. Die wiederum ließ sich nicht einschüchtern und zog vors Landgericht.

Der Fall könnte ein Signal setzen. Sollte das Gericht der Klage gegen unzumutbare Verleihpraktiken recht geben, also dem Kinobetreiber erlauben, einen Film abzusetzen, wenn die Platzausnutzung unter 30 Prozent liegt, brächte das einiges ins Rollen. Eine längst fällige Erschütterung der autoritären Verleihpolitik und zugleich eine Ermutigung kleiner Lichtspielhäuser, sich nicht länger von Verträgen knebeln zu lassen.

„Es ist ein Unding, daß kleine Kinos erst bitte, bitte sagen müssen, um einen Flop aus dem Programm nehmen zu können. Gerade die Co-lumbia ist hier immer besonders raffiniert und unzumutbar vorgegangen“, kommentierte Tontorra-Anwalt Sieghard von Saldern gestern die Geschäftsmethoden der Columbia. Daß der Kinozwerg dem Filmriesen bereits kühn vors Schienbein getreten hat, zeigte sich bei der gestrigen Verhandlung deutlich.

Columbia-Anwalt Eberhardt Kollmar wies die Empfehlung der Richterin Wiedemann, man möge sich doch bis Verhandlungsende auf eine Interimslösung einigen und ein für diese Zeit artiges Hansa wieder beliefern, grummelnd zurück: „Wie sieht das den aus: ,Co-lumbia geht vor Kleinkino in die Knie.' Das kommt nicht in Frage". Der Kläger soll nun eine Liste mit vergleichbaren „Ungleichbehandlungen durch Columbia“zusammenstellen. Anschließend will das Gericht prüfen, ob sich Columbia wie ein Monopolist gebärdet, der seine Marktstellung schamlos ausnutzt. Doch „auch wenn alle Co-lumbia-Kunden gleichberechtigt ungerecht behandelt werden“, so von Saldern, „kann das nicht richtig sein und erfordert rechtliche Schritte.“Kartellrecht hin oder her.