Eine lockere Schlagzeile mit sehr teuren Folgen

■ Hamburger Landgericht: Magazin „Focus“ soll für den Zusammenbruch einer Privatbank nach einem unseriösen Bericht zahlen. Burda-Verlag geht in Berufung

Berlin (taz) – „Zahlen, zahlen, zahlen“ könnte es bald für Helmut Markwort und seinen Focus heißen, wenn das Urteil des Hamburger Landgerichts auch in den nächsten Instanzen bestätigt wird. Demnach kann nicht nur eine falsche Berichterstattung, sondern schon eine irreführende Ankündigung Schadenersatz kosten. Im konkreten Fall hatte das Magazin Focus im Januar 1995 auf seinem Titel für einen Beitrag mit den Worten „Hamburger Privatbank in Not – Kunden zittern um ihr Geld“ geworben. In dem Artikel selbst war dann aber nicht mehr von der Liquidität der Mody Privatbank die Rede, sondern nur noch von den privaten Finanzproblemen des Gründers und Minderheitsaktionärs (zehn Prozent) Arend G. Mody. Zudem erwies sich, daß Focus seine Informationen von einem früheren Angestellten hatte, dem zwei Jahre zuvor fristlos gekündigt worden war.

Die Rache verfehlte ihr Ziel nicht. Die Reaktion auf die reißerische Schlagzeile war fatal, zumal Helmut Markwort auch noch in einem Werbespot düster gemunkelt hatte, „... da können viele Menschen ihr Geld verlieren.“

Wie recht der Focus-Chef hatte, zeigte sich am Erscheinungstag seines Blatts, an dem Sparer und Anleger die Mody-Bankschalter stürmten und sich auszahlen ließen – bis der Tresor leer und die Bank pleite war. Mehr als 1.000 Aktionäre verloren so ihr Geld, insgesamt rund 24 Millionen Mark.

Die soll der Burda-Verlag nun für den Zusammenbruch der Bank zahlen. Focus sei verpflichtet, alle Schäden zu ersetzen, die durch die Werbung für den Artikel entstanden seien, hieß es in dem erstinstanzlichen Urteil. Während der Anwalt der zwei klagenden Mody- Aktionäre berichtete, daß die Bank „bis zum Erscheinen des Focus-Artikels völlig intakt gewesen“ sei, stützte sich Focus-Anwalt Klaus Rehbock auf das Gutachten einer privaten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nach dem die Bank bereits vorher in akuten Zahlungsschwierigkeiten war: „Wir werden in dieser Sache bis zum Bundesgerichtshof gehen und sind hundertprozentig sicher, daß wir am Ende gewinnen.“

Ein Burda-Sprecher nannte das Urteil einen „schwerwiegenden Eingriff in die Pressefreiheit, der in der nächsten Instanz keinen Bestand haben wird“. Sollte der Richterspruch auch in den nächsten Instanzen bestehen, wird die Schadenersatzhöhe in einem zweiten Verfahren ermittelt, in dem der Wert der Bank vor der Schließung und die verbliebenen Restwerte errechnet werden müssen. Das Grundkapital der Bank betrug 24 Millionen Mark – also nicht einmal zehn Prozent des jährlichen Focus- Umsatzes. Oliver Gehrs