Nürnberg ehrt KZ-Profiteur

■ Am Mittwoch soll Karl Diehl von der Stadt zum Ehrenbürger ernannt werden. Der Rüstungsfabrikant hat in der Nazizeit KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter beschäftigt

Nürnberg (taz) – Früher ließ er KZ- Häftlinge und Zwangsarbeiter für sich schuften, bis heute verdient er seine Millionen mit Minen, Panzerketten und Raketen, und übermorgen wird er zum Ehrenbürger der Stadt Nürnberg gekürt. Die einstige Stadt der NSDAP-Reichsparteitage bemüht sich seit Jahrzehnten darum, ein Image als Zentrum des Friedens und der Menschenrechte aufzubauen. Am Mittwoch könnten diese Bemühungen mit der Auszeichnung von Karl Diehl einen empfindlichen Rückschlag erleiden.

Der 90jährige Karl Diehl ist Seniorchef eines Unternehmens mit weltweit 12.590 Beschäftigten, das mit Rüstungsgütern mehr als ein Drittel seines Gesamtumsatzes von knapp 2,7 Milliarden Mark erzielt. Karl Diehl, der die Firmenleitung 1938 übernahm, machte die Firma zu einer bedeutenden Waffenschmiede des Dritten Reiches. Recherchen der taz ergaben, daß Diehl nicht nur auf Zwangsarbeiter zurückgriff, sondern im fränkischen Münchberg auch ein Arbeitslager als Außenkommando des oberpfälzischen KZ Flossenbürg unterhielt.

Schon bei der Entscheidung des Stadtrats Ende März war bekannt, daß Diehl 1945 von den Alliierten entfernt worden war. Diese Entlassungen betrafen damals Mitglieder der NSDAP und ihr nahestehender Organisationen wie SA oder SS. Einer Stadtratsmehrheit aus CSU, FDP, Freien Wählern und einem „Republikaner“ war das jedoch egal. Wegen der knapp 4.000 Diehl-Arbeitsplätze um Nürnberg und seiner Millionenspenden für den Wiederaufbau der Altstadt sei die Ehrenbürgerwürde, so CSU-Wirtschaftsreferent Roland Fleck, eine „notwendige und überfällige Geste der Stadt“.

Die Nürnberger Landtagsabgeordnete Sophie Rieger (Bündnis 90/Die Grünen) fand dies „fatal“ und fragte beim Bundesarchiv über Diehl nach. Sie erhielt jetzt die Auskunft, daß Diehl im Januar 1943 für das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse vorgeschlagen worden war. Er habe, so die Begründung, „in vorbildlicher Weise die vorhandenen Fabrikanlagen für die Rüstung ausgebaut“ und seinen Personalstand zwischen 1939 und 1942 fast verdreifacht.

Daß dies mit Hilfe von „fremdvölkischen Arbeitskräften“ geschah, belegen Schreiben der Firma Diehl an den Suchdienst der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1947. Doch nicht nur Zwangsarbeiter haben für Diehl geschuftet, sondern auch KZ-Häftlinge. In der Liste des „International Tracing Service“, einem ehemaligen Suchdienst der Vereinten Nationen, ist ein „Arbeitslager Muenchberg“ der Diehl GmbH als Außenkommando des KZ Flossenbürg aufgeführt.

Weitere Akten über Diehls Rolle in der NS-Zeit lagern bei der Gauck-Behörde in Berlin. Nur Karl Diehl selbst hat das Recht zur Einsicht oder kann die Einwilligung dazu geben. Bernd Siegler Bericht Seite 4