■ Kommentar
: Gefährdetes Polizeigesetz

Berlin ist ein gefährlicher Ort. Das Polizeigesetz (ASOG) kann sich hier vor der CDU nie sicher fühlen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit rütteln deren innenpolitische Scharfmacher an dem erst 1992 novellierten Polizeigesetz. Dieses war bereits bei seiner Verabschiedung als eines der schärfsten in der Bundesrepublik kritisiert worden. Der Düsseldorfer Polizeipräsident hatte davor gewarnt, daß die Polizei „rechtsstaatswidrige“ Möglichkeiten zur Informationssammlung erhielte. Dem innenpolitischen Sicherheitswahn verfallen, reichen der CDU diese Möglichkeiten jedoch nicht aus.

Die neueste Initiative aus dem Hause Schönbohm, die Videoüberwachung an den „gefährlichen Orten“, aber auch anderswo einzuführen, ist nur ein weiterer Stein im Mosaik: Was die CDU mit der Novellierung des ASOG im Jahr 1992 nicht gegen die SPD durchsetzen konnte, nämlich die Speicherung von personenbezogenen Daten, darunter Bildmaterial über unbeteiligte Personen, versuchen die Sicherheitsfans aus dem Hause Schönbohm nun durch die Hintertür, sprich: mit einzelnen Gesetzesveränderungen, durchzupauken. Im vergangenen Jahr definierte die Polizei flugs gefährliche Orte in der Stadt, um „verdachtsunabhängige Kontrollen“ durchzuführen, und umging so die strengeren Bestimmungen des ASOG. Inzwischen soll es nach Auskunft von Senator Schönbohm (CDU) 30 dieser „gefährlichen Orte“ geben. Die nächste Initiative zur effektiveren Datensammlung war ein Gesetzentwurf der CDU, gänzlich jenseits der „gefährlichen Orte“ die „verdachtsunabhängigen Kontrollen“ durchzuführen. Die SPD, so scheint es derzeit, wird dem CDU-Entwurf zustimmen. Gefährdeter als die Bürger scheinen in Berlin die Gesetze zu sein, die den vielgerühmten Bürger schützen sollen. Barbara Junge